Bob Dylan :: Modern Times

Countryblues/Western Swing: Mit seinem ersten regulären Album seit fünf Jahren vollendet der Altmeister eine düsterimposante Trilogie.

Dem Sensenmann noch mal knapp entronnen, überraschte Bob Dylan 1997 eine nicht mehr sehr erwartungsgespannte Öffentlichkeit mit dem von Daniel Lanois produzierten Meisterwerk TIME OUT OF MIND, einem Album voll bitterer apokalyptischer Warnungen. Ihm folgte im Jahr 2001 mit dem furios rockenden, bodenständigeren love and theft ein weiteres Karrierehighlight, modern Times ist nun klanglich wie thematisch eine Art Synthese aus den beiden Vorgängern, nicht so episch und vielschichtig wie das Lanois’sche Sound-Cinemascope von TIME OUT OF MIND, und eleganter, nicht ganz so rustikal rumpelnd und polternd wie love and theft. Erwartungsgemäß ist es eine melancholisch-skeptische Weltsicht, die da in den zehn Tracks ausgebreitet wird. Dylan nutzt heute kaum noch die von ihm früher so geschätzten Textformen der Moritat und der Ballade, stattdessen skizziert er seine kleinen Dramen heute eher als Monologe – und die drehen sich um verfahrene Beziehungen, die Wurzellosigkeit des Individuums, innere und äußere Orientierungslosigkeit.“.We live and we die/ we know not why“ heißt es in „When The Deal Goes Down“. Und dann kommt mit „Working Man’s Blues # 2“ etwas unvermittelt Dylans erstes explizit politisches Statement seit Ewigkeiten, in dem er die schleichende Enteignung der Arbeiterschaft im Zuge der Globalisierung anprangert. Fast ausnahmslos kleidet Mr. Zimmerman seine Songs diesmal ins Stilgewand der weißen Popmusik der 40er und 50er Jahre, namentlich Countryblues und Western Swing, einer Rockabilly-nahen Vorform des Rock’n’Roll. Seine im Laufe der „Neverending Tour“ zu einer ultratighten Einheit verwachsene Band setzt diese traditionalistischen Vorgaben mit schlackenloser Präzision um. Am weitesten treibt Dylan sein Wühlen im Klang- und Motivfundus der American Roots in „Rollin“ and Tumblin“ – einer 1:1 – Kopie des Bluesklassikers von Muddy Waters, die Dylan nur textlich variiert, sonderbarerweise aber dennoch mit „Words and Music by Bob Dylan“ kreditieren ließ. Ah ja, und dann ist da noch ein kleines Kuriosum, ein Detail, das völlig aus dem Rahmen dieses sonst so sinistren Albums fällt: Gleich im Opener „Thunder On The Mountain“ widmet Bob Dylan der Sangeskollegin Alicia Keys und ihrer Herkunft aus dem New Yorker Glasscherbenviertel Heils Kitchen einen kleinen Inside-Joke. Warum, das bleibt

eines von unzähligen kleinen und größeren Geheimnissen dieses wandelnden Enigmas.

VÖ:25.8.

www.bobdylan.com