Bohren & Der Club Of Gore

Sunset Mission

In der Lounge steht Zigarettenrauch. Ihr Drink kommt nicht. Dafür aber der Tod. Aber keine Angst: erstens müssen wir alle sterben und zweitens geht es schön langsam. Will sagen: schön und langsam. Sie sind wieder da, die furchterregenden Codein-Überdosierer aus Mühlheim an der Ruhr und ihre audiophilen Waffen werden immer perfider. Dareinst begonnen als offensive Doom-Extremisten, erwischen sie uns nun von hinten. Komplett entmetallisiert, verführt uns das Quartett mit einer Platte, die den Sonnenuntergang nicht nur im Titel trägt. Wie Kenny G. auf etwa zwölf Umdrehungen mäandern Saxophon, E-Piano, Jazz-Schlagzeug und Bass in purer ätherischer Schönheit. Keine Brechungen – nur eben dieses etwas andere Verständnis von Zeit und ein blauschwarzer Humor, der ihr Studio Dark Victory nennt und die Bilder von Beerdigungsinstituten und nächtlicher Großstadt-Tristesse mit Texten von Comic-Apokalyptikern paart. Mehr noch als der von Anfang an bohrende Slow-Grind-Backkatalog der Kaltblüter aus dem Ruhrpott braucht diese Platte einen ordentlichen Anlauf, um zu voller Wirkung zu kommen. Erst wenn das nächste Stück kommt und es noch langsamer ist als das zuvor, verwandelt sich schöne Sentimentalität zu abgrundtiefer Traurigkeit, zu totaler Agonie und führt, je nach Aufmerksamkeit zum Abrutschen in morbide Träume oder irrsinnige Bewusstseinsschübe. Klassische Einsteigerdroge. Die Welt ist kalt und einsam. Die Kreatur wartet. Gebt auf. Gebt euch hin.