Bonnie „Prince“ Billy, The Letting Go :: VÖ: 15.9.

Das neue Album eines der größten Singer/Songwriter: der Gegenwart. Aufgenommen in Island, at all places, mit einem Streichquintett. Da scheint jemand die Marketing-Mechanismen des modernen Tonträgervertriebswesens nicht so ganz richtig verstanden zu haben. Während „die anderen“ im strikten Zwei-Jahres-Rhy thmus ihre Platten veröffentlichen und dazwischen dann auf „Tourzur Platte“ gehen, bringt Will Oldham alle paar Monate ein neues Album von Bonnie „Prince“ Billy heraus und gibt keine Konzeite. Das letzte musikalische Lebenszeichen von Oldham unter seinem bürgerlichen Namen war die EP seafarers Musicaus dem lahr 2003. Wahrscheinlich hat Bonnie „Prince“ Billy den Musiker Will Oldham zu Grabe getragen. Was an sich nur einer formalen Änderung entspricht. Aber wo wir schon dabei sind, die formalen Änderungen auf TH E LET-TING GO lesen sich im CD-Booklet schon mal dramatisch, bevor überhaupt der erste Ton des Albums erklungen ist: Bonnie „Prince“ Billy hat sein neues Album in Island aufgenommen. Mit einer vierköpfigen Band – darunter wiedersein Bruder Paul und, neu, Dawn McCarthy von Faun Fables als Co-Sängerin – plus einem isländischen Streichquintett, in dem die Musikerinnen Namen tragen wie Una Sveinbjarnardottir und Eirikur Orri Olafsson.

In Internetforen wurde die angeblich perfekte Produktion der Vorabsingle „Cursed Sleep“ heiß diskutiert und gleich als Indiz dafÜT geweitet, dass Oldham wohl nicht „zu alter Form“ zurückkehren würde mit seinem neuen Album. Alles Quatsch. Obwohl die mollernen Streicherarrangements auf „Cursed Sleep“ diesem Song am wenigsten von allen auf dem Album zu Gesicht stehen. Oldham katalysiert auf THE LETTING GO Einflüsse aus amerikanischem und britischem Folk zu einer semiakustischen Musik, long before rock ’n ‚roll, die auf dem circa achten Bonnie-„Prince“-Billy-Album Novitätencharakter besitzt. THE LETTING GO ist tatsächlich anders als andere Bonnie „Prince“ Billy-Alben, anders als das düstere Meisterwerk MASTER AND EVERVONE, anders als die dunkelgraue Zusammenarbeit mit Matt Sweeney auf SU-PERWOLF, anders als das aufgeplusterte sings GRE ATEST PALACE MUSiC und sowieso ganz anders als die komische Coverversionen-Platte mit Tortoise, THE brave and THE BOLD. Wie gut Will Oldhams brüchige Stimme mit dem glockenhellen Organ von Dawn McCarthy harmoniert, zeigt das großartige „Wai“ – jetzt schon ein Folk-Klassiker, der der lange verloren geglaubte Fairport-Convencion-Song der Sandy-Denny-Ära sein könnte. Neben puristischem Folk-Minimalismus („Then Letting Go“) und Songs mit technoidem Hintergrundschaben („Lay And Love“) hat es hier auch noch einen komischen semi-akustischen Folk-Blues {„Big Friday“) und einen fast schon beschwingten Akustik-Blues („Cold &. Wet“).

Neue Platten von Will Oldham besitzen die angenehme Eigenschaft, ihre Hörer immer wieder daran zu erinnern, dass es da draußen tausende von armen Wichten gibt, die sich vergeblich mit der akustischen Gitarre vor dem Bauch im Songformat abmühen und trotzdem lahr für Jahr tonnenweise Musik veröffentlichen. Oldham ist einer der größten Songschreiber der Gegenwart. Ein großer Songschreiber muss gute Songs schreiben können. Was ist ein guter Song? Einer, der eine eingangige Melodie besitzt, einer, der den Hörer eleganter fühlen lässt, einer, der vielleicht eine körperliche Reaktion auslöst (wie wäre es mit einer Gänsehaut?). Der Song muss einen Text haben, der etwas über das Leben erzählt. So einfach ist das. AU die Scheinsongs mit ihren aufgeblasenen Arrangements und den hohlen Phrasendreschereien überlässt Oldham gerne den anderen. Er bedient sich teilweise einer kryptischen Sprache, die sehr schwer zu dechiffrieren ist. Auf der anderen Seite wählt er Worte, die in ihrer Schlichtheit einfach umwerfend sind:.,/ called you back to a place beside me. Lovefound »s easily. And ifthat ’s all we have you luillßnd u.>e neednothing inore. Everytime we kiss wefindourselves in love again. And the older that weget we Icnoio that nothing elsefor us ispossible. When 1 was quiet, well l heardyour voice in everything , heißt es in „I Called You Back“. Kann es eine schönere Liebeserklärung in einem Song geben? Ja. Gehen wir vier Lieder zurück und hören was Oldham in „Lay And Love“ zu sagen hat: „From what I ‚ue seen younre mngnificent. Youfight evil with all you do. Your every act is spcctacular. It mcikes me lay hereand love you.“ Know what I mean?

Trotz vordergründiger formaler Änderungen bleibt die Essenz Bonnie „Prince“ Billys gleich: Keiner singt pointierter und mehr gänsehauterzeugend über Leben undTod, Liebe und Hass. gescheiterte Beziehungen, Verzweiflung und Einsamkeit als Will Oldham.

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