Bryan Ferry :: The Bride Stripped Bare

Etwas ähnliches hatte ich schon befürchtet: die LP kam und kam nicht an Land und schließlich zog Ferry sie nochmal zum Neu-Mischen zurück. Und dann hatte er schon zugegeben, daß der Produktionsort, das sterile Studio im verlassenen winterlichen Montreux, nicht gerade stimulierend wirkte. Kurz: Die LP klingt überwiegend introvertiert und unheimlich ausgetüftelt. Kein Vergleich mit dem Vorgänger „In Your Mind“, der zugegeben nicht so anspruchsvoll, dafür aber locker und temperamentvoll abzog. „Sign Of The Times“, als zweite Single ausgekoppelt, verbreitet eigentlich als einziger Titel die Stimmung alter Ferry-Highlights. Dazu kommt, daß Bryan seinen Gesangsstil streckenweise reichlich manieriert überzieht. Soetwas wirkt eben nur vor einer ausgeflippten Geräuschkulisse, wie sie zu Zeiten von Roxy Music angesagt war. Auch die Auswahl von Fremdtiteln bietet keinen Gag mehr, wenn Ferry’s Neuinterpretationen durchschnittlicher bleiben als früher. Als Maßstab gelten da immer noch seine Versionen von Dylan’s „A Hard Rain’s A Gonna Fall“ und des Stones-Klassikers „Sympathie For The Devil“.

Al Green’s „Take Me To The River“ oder Lou Reed’s „What Goes On“ sind musikalisch zwar hervorragend in Szene gesetzt, aber der absolute flash fehlt. „Hold On (I’m Comin)“ behielt einen spürbaren Soul-Touch und ist darum ganz interessant. Die akustische Version des irischen Volksliedes „Carrickfergus“ fällt unter die Rubrik „Warum nicht?“ und „When She Walks In The Room“ schon eindeutig unter „elegisch“. (Solche Anfälle hatte Ferry aber schon früher.) Vom musikalischen Standpunkt aus betrachtet ist „The Bride Stripped Bare“ ein hervorragendes Album. Kein Wunder, denn hier zeigt wieder einmal die Elite der kalifornischen Studio-Musiker, was sie kann. Waddy Wachtel glänzt durch seine technisch brillante Gitarrenarbeit, Neil Hubbard unterstützt ihn dabei und Rick Marotta drummt, um nur die Hauptakteure zu nennen. Die Arrangements sind – zugegeben – ausgefeilte kleine Meisterwerke. Aber was bringt all das, wenn es der LP an Leben fehlt? Da muß ich schweren Herzens den vierten Stern fallenlassen. Hoffentlich kriegt Ferry im Kreise seiner alten Kollegen von Roxy Music wieder die Kurve!