Call Me

Warum keine deutschen Texte? Diese Frage kommt heutzutage mit absoluter Bestimmtheit jeder hiesigen englischsingenden Rockband in die Quere. Doch warum ohne das notwendige Rüstzeug auf einen fahrenden Zug springen, um dann später während der Fahrt wieder an die Luft gesetzt zu werden. Lieber gut englisch als schlecht deutsch – dieses Motto sollte in Zeiten der Neuen Deutschen Hochkonjunktur noch gelten dürfen.

Die Mängel bei dieser jungen, neuen Münchner Rockband liegen vielmehr anderswo. Ohne Zweifel besitzen Call Me mit Daniel Kovac einen der markigsten Rock-Röhren auf deutschem Boden. Live hat er seine Qualitäten vielfach erkennen lassen. Doch davon hört man auf der Debüt-LP leider wenig. Die Produktion, zu sehr dem bekannten US-Rock-Glattsound nachgefeilt, bringt das stärkste Moment der Band nicht rüber (sorry Colin). Im Vergleich zu dem etwas aufgekratzten Instrumental-Sound erscheint der Gesang schon recht zahm. Für eine Rockproduktion, und diesen Anspruch erheben die fünf Münchner wohl, hätte man da wesentlich mehr rauskitzeln müssen.

Handwerklich kann man den Musikern sicher nicht an den Karren fahren. Doch die Auswahl und das Arrangement ihrer 10 Songs kommt einem heute leider etwas antik vor. Boston, um nur einen Art-Verwandten zu nennen, waren schon nach ihrem Debüt schnellstens wieder out. Das war bereits 1976.

1982 kann man Call Me selbst mit Wohlwollen gerade ihre Live-Qualitäten zugute halten. Auf Vinyl müssen sie sich zukünftig Einiges einfallen lassen. Ein antikes Möbelstück, handwerklich perfekt und sauber produziert, selbst mit neuer Politur überzogen, bleibt immer noch ein antikes Möbelstück.