Camel – I Can See Your House From Here
Eine Band hat ihr Gesicht verloren; scheib(ch)enweise. sprich, von LP zu LP mehr. Camel. eine jener Formationen von der Insel, die zu Beginn der siebziger Jahre neben Beggars Opera und ähnlich orientierten sanften Rockern für die romantische Komponente in der europäischen Rockmusik gesorgt haben, klanglich sich indess — damit kein Mißverständnis aufkommt – weit entfernt vom Pathos der neueren, heute noch aktuellen Neo-Romantiker Genesis und Barclay James Harvest bewegten. Höhepunkt des Camel-Schaffens war Anno 75 das musikalische Poem ,,The Snow Goose“, ein Instrumentalwerk (der Gesang war eh nie Cameis Stärke), ein treffliches Stück Programm-Musik in Rock, ein Wunder an Einfühlungsvermögen, Kompositionen voller Farbe und Dynamik. Von da an ging’s bergab. Kaum ein Jahr ohne Personalwechsel, bis schließlich das zweite stilbestimmende Gruppenmitglied neben Andy Latimer (Gitarre), msder Organist Peter Bardens, ausstieg und Cameis Platten fortan durch wechselnde Sänger und Instrumentalisten ziellos wurden. Die romantische Komponente wurde den Fans zuliebe beibehalten, die Flöte aber mehr und mehr zugunsten Mel Collins Saxophon vergessen. Man begab sich in Jazz-Rock-Gefilde (stilistische Ähnlichkeiten mit Passport waren da sicherlich eher zufällig), entdeckte schließlich den Funk, und dieser geänderte Anspruch drückte sich auch deutlich in der immer geringeren Publikumsresonanz aus. „I Can See…“ (wieder mal in neuer Besetzung eingespielt) ist der bisherige Endpunkt einer Negativentwicklung, vielleicht der Schiulipunkt für eine einstmals wichtige Formation. Ein unrühmlicher… Denn neben den eingangs erwähnten romantischen Werten, die sich in „Eye“(alte Qualität), „Hymn To Her“ (fast klassische Thematik) und „Ice“ wiederfinden. „Wait“ und „Who Are We“ (leider mit viel zu pathetischem, orchestralen Schluß) die jüngere Funky-Tradition vertreten, finden sich auf der LP noch Cameis peinliche Versuche, den akustischen Anschluß an Hitparaden – und damit finanziell einträchtige Gefilde — zu finden. „Your Love Is Stranger Than Mine“ beispielsweise, eine Nummer, die genauso auch von den seelenlosen Toto stammen könnte, oder „Neon Magic“, ein später Versuch in Space-Rock mit mechanischem Sequenzer-Rhythmus. Da gibt es neben der so Camel-typischen Gitarrenführung viel 0-8/15 Mini-Moog-Duelle ohne Persönlichkeit, überhaupt zuviel Tastenarbeit (zwei Keyboarder müssen ja ausgelastet werden!) und Chorgesänge, die eher tot, denn lebendig zu nennen sind. Gemessen am früheren Standard der Gruppe und der Entwicklung der Rockmusik schlechthin, kann man „1 Can See…“ nur mäßig nennen. 2 dk
Mehr News und Stories