Can
Future Days
United Artists
Die Zukunftstage haben begonnen und eingeschworenen Can-Freaks, bleiben bei dieser Platte nur 2 Möglichkeiten: Entweder sie entdecken durch sie ein neues Universum, oder sie werfen die Scheibe enttäuscht und fluchend in die Ecke. Der rhythmusbetonte, einhämmernde und aggressive Stil von ‚damals‘ ist so gut wie verschwunden. Höchstens Jackie Liebezeit’s Schlagzeug erinnert noch daran. Darüber aber breitet sich ein Klanggewölbe, das kaum in Worte zu fassen ist. Irmin Schmidt’s Orgel zaubert Klänge, die vom Akkordeon bis zum Streichorchester reichen und so bizarr schön sind, dass ich sie hier nicht zerstören möchte. Michael Karoli war schon immer einer der besten, aber hier erreicht er mit seinen Ideen und verzaubernden Klängen eine Atmosphäre, die einem den Mund offenstehen lässt. Holger’s Bass treibt, springt und tropft, dass die anderen in einen wahren Spielrausch getrieben werden. Wie Irmin, der noch nie so viele Melodien gespielt hat, singt auch Damo auf ‚Future Days‘ (ich möchte mal sagen) orthodox und melodiös. Obwohl Can früher dankend ablehnte, wenn man ihnen Soundexperimente vorschlug, surrt und ziept es heute doch ganz schön. Neider werden jetzt natürlich mit dem ‚Kommerz‘ kommen, doch wenn sie genau zuhörten, würden sie merken, dass dieses Argument (wenn überhaupt) höchstens verschämt mit einem Augenzwinkern angeführt werden kann. Wie in einem der letzten ME’s von Irmin angedeutet, liefen die Plattenaufnahmen in einer unbeschwerten, sommerlichen Atmosphäre ab- und da tauchen dann eben solche Melodien auf. Es ist doch totaler Unsinn, den Leuten daraus einen Vorwurf zu machen! Das Titelstück und das ganzseitige ‚Bei Air‘ zeigen eine magische Can, die Momente erreicht, in denen sich im Kopf des Hörers irgendetwas löst und auf die Reise geht. Die anderen beiden Songs (Spray und Moonshake) sind – mit einem Rückblick auf vergangene Zeiten – etwas rhythmischer gehalten, jedoch nicht .weniger komplex, einfallsreich und auf eigentümliche Weise anziehend. Wenn man sich während des Hörens bewusst wird, dass alles, was man hört, improvisiert ist, stockt einem unwillkürlich der Atem …