Cocteau Twins – Lullabies To Violaine :: Sampler & Compilations

Zitiert wird der feine Kolumnist Max Goldt sehr frei, aber allemal sinngemäß, wenn hier geschrieben steht: „Hört mehr Cocteau Twins!“ Ob Goldt dies heute noch unterstreichen würde? In den 90ern äußerte er sich auf jeden Fall wiederholt in diesem Sinn. Leider haben sich Elisabeth Frazer und ihre höflichen, weichgesichtigen Jungs eben auch schon 1997 voneinander getrennt. Und in den 80ern gab es noch nicht 50 reichlich gute Gründe, ihre Musik zu hören bzw. dies seinen Mitmenschen nahezulegen. Das belegt nun Lullabies To Violaine, ein feines 4-CD-Päckchen mit den „Singles & Extended Plays 1982-1996“ der Kapelle aus Grangemouth. 1982. zu Zeiten ihres Single-Debüts „Lullabies“, war das Trio noch ein verwirrtes kleines Licht, welches in Gefolgschaft von Siouxsie Sioux, Robert Smith und den frühen Simple Minds in einem besonders dunklen Waldstück zurückgeblieben war, um das alsbald jemand einen Zaun herum baute und Schilder dranhängte mit Hinweisen wie „Gothic“ und sonst einem Hokuspokus. Dort, wo sich die Twins rettunglos in einschlägigem Sound und Gestus verhedderten, haben Songs wie „Peppermint Pig“ und „Pepper-Tree“ heute durchaus ihren Reiz. Für Bands wie And Also The Trees und Lush bis hin zu Sigur Ros sollten bereits das frühe und noch etwas ungesteuert entfaltete Dröhnen, Schwelen und Singsangsingen der beiden Hansel und ihrer Gretel dennoch stilbildende Funktion haben. Doch erst als die Cocteau Twins aus eigener Kraft aus dem Unterholz himmelwärts fuhren, ihrem Drang zum Kapriolenschtagen nachgaben, mit ihnen alle Spinnertheit (inkl. Rundum-Verkitschung, vollendeter Klang-Synthesizierung, Popopern-Attitüde und Liedbetextungen in Fantasiesprache) durchging, schauten sie die ihnen angemessene Herrlichkeit. Auf LULLABIES TO VIOLAINE läßt sich das bestens Stück für Stück, Jahr für Jahr verfolgen. Fast jeder Ton, jede Verfeinerung ihres Sounds strebt hin zu Heaven Or Las Vegas (1990), diesem federleichten Monster aus Glück und Flausch und der Essenz von Wonne, für dessen Genuß man sich beinahe schämen muß. Aber das muß eigentlich nur Enya – du schamlose Räuberin der Sterntaler!

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