Cocteau Twins – Milk And Kisses

Die schottischen Cocteau Twins haben in ihrer 14jährigen Geschichte schon allerlei mitgemacht. Nur eines nicht: Ihrem persönlichen Stil sind sie nie untreu geworden. So ist das auch mit dem neuen Werk des Trios, das wieder einmal genau das einlöst, was der Name Cocteau Twins verspricht: Wir hören ätherische Sounds, feengleichen Gesang und Songs, die mehr in ihren beruhigenden Schwingungen leben als im Hier und Jetzt des Akkordwechsels zum richtigen Zeitpunkt. Waren die Drei zu GARLANDS-Zeiten am Beginn ihrer Karriere im Grunde eine New Wave-Band und später, 1990, mit HEAVEN OR LAS VEGAS, eine richtige Pop-Kapelle, sind sie jetzt endgültig im Weltall angekommen und kreisen milde lächelnd im Orbit herum. MILK AND KISSES ist ein schwebendes Ding mit verhallten Gitarrenklängen, dezent klopfenden Drums, fast schon kitschig hingetupften Sound-Kinkerlitzchen, logischen Akkordbewegungen und dem Engelsgesang der netten Elisabeth Fräser, den wir zumeist gleich in doppelter bis dreifacher Ausführung entgegennehmen dürfen. Gemütlich vorwärtswabernd wie ein halluzinierendes Amöbentierchen überanstrengen die Cocteau Twins nicht einen einzigen ihrer Hörer und machen da weiter, wo die Hektikfeinde von AR Kane bis Opal und die ‚Too-Pure‘-Bands angefangen haben: Das menschliche Gehirn hat Phasen der Langsamkeit durchaus verdient. Das alles war irgendwie und irgendwann schon mal origineller und eignet sich auch ideal als Musik für Menschen, die im Fahrstuhl festsitzen und händchenhalten wollen. Warum eigentlich nicht gleich den letzten Schritt hin zu Ambient und Easy Listening machen? Das wäre das logische und wohltemperierte Ziel des Cocteau Twins-Wegs, die vor 14 Jahren in manchen Belangen ihrer Zeit ganz schön voraus waren – und ebendies heute nicht mehr sind.