Cyndi Lauper :: Sidney, Entertainement Centre

Die Vorgruppe mit dem merkwürdigen Namen Wawanee machte zu Beginn wieder einmal klar, warum so viele australische Bands, die hierzulande unbeschriebene Blätter sind, ihre europäischen Konkurrenten locker von der Bühne blasen können: „Down under“ bekommt man nämlich erst und nur dann einen Plattenvertrag, wenn eine ordentliche Fangemeinde durch stetes Abrackern in Clubs bereits erschlossen wurde. Kräftig und ohne unnötiges Zierwerk gehen die jungen Herren zur Sache, Saft-Gitarre, Hammer-Drums, gescheite Melodien, ein anständiger Sänger — kurzum, alles was der Pop-Mensch braucht.

Gut erhitzt wartet man auf das bunte Gör. Als sie endlich erscheint, schlägt ihr ein Applaus von mittlerer Erdbebenstärke entgegen. Daß sie immer noch „unusual“ ist, hat weniger mit einem abenteuerlichen Haarschnitt als mit ungeheuer großen Unterhalter-Qualitäten zu tun. Da steht sie, stampft hin und wieder trotzig mit dem Fuß auf, um der einen oder anderen Textzeile Nachdruck zu verleihen, erzählt kleine Geschichten zwischen den Songs und läßt vorerst keine Sekunde zum Nachdenken.

Vom ersten Moment an rotzt sie geradezu ihre musikalischen Adrenalinstöße in die 17000er Halle, die naturgemäß bei Reißern wie „She Bop“, „Money Changes Everything“ oder besonders „Girls Just Wanna Have Fun“ am heftigsten erbebt.

Erstaunlich, wie das kleine Persönchen in der Lage ist, ein solch mächtiges Gesangsorgan zu dirigieren. Jeder Kiekser, jeder Heuler, alle Tonhöhen dieser Welt bewältigt das Kraftpaket mit schier unglaublicher Sicherheit, und das, obwohl sie an diesem Abend sicherlich an die drei Bühnenkilometer im Laufschritt zurücklegt.

Die fünfköpfige Band, bestehend aus unbekannten Studiomusikern, verrichtet ihre Arbeit hervorragend. Nie aufdringlich, aber forsch vorantreibend, wenn’s der Song verlangt. Applaus auch für ein geschmackvoll sparsames Arrangement bei einer der schönsten Lauper-Nummern überhaupt: „Time After Time“.

Durchweg Probleme aber hat die Dame mit ihren neuen Songs, die trotz schärfster Bemühungen nicht so recht losgehen wollen. Zu unausgegoren klingen die eigenkompositorischen Versuche der bunten Dame. Auch

wenn ein Song wie „Calm Inside The Storni“ vom Korsett des Schlagzeugcomputers (auf Platte) erlöst wird, indem ein gnadenloser Drummer Zunder gibt, macht das noch lange keinen zünftigen Popsong. Aber kaum steht wieder eine Cover-Version auf dem Spielplan (etwa Marvin Gayes „What’s Going On“ oder der von Dr. John bekannte New Orleans-Standard „Iko Iko“) steigt das Stimmungsbarometer steil nach oben.

Insgesamt zwei Stunden steht Cindy im Mittelpunkt, rackert sich ab. bis sie die Wogen der Euphorie gegen Ende des Konzertes durch schlaue Dramaturgie und Songauswahl immer höher schaukelt, um mit einem schlichten „Thank you, good night“ hinter die Kulissen zu verschwinden.

Sidney erbrüllt sich ganze sechs (!) Zugaben, bis die völlig geschaffte Cindy achselzuckend auf die Bühne kommt, erzählt, daß die Musiker bereits unter der Dusche stünden und sie überhaupt keine Ahnung hätte, was so songmäßig jetzt noch machbar wäre. Doch halt — da ist ja noch die schöne Ballade, die auch als Titelsong ihres neuen Albums TRUE COLOURS dient. Und so setzt sie sich an den vorderen Bühnenrand und beginnt unbegleitet zu singen „I see your true colours, and that’s why I love you…“ Unter dem Schein der von Wunderkerzen und Feuerzeugen erleuchtete Halle sagt sie leise „Dankeschön“ und geht ab.