Deep Purple :: Purpendicular
Das Monster der Vergangenheit hebt neuerlich sein häßliches Haupt. Nach Iran Maiden und Ozzy Osbourne meldet sich mit Deep Purple ein weiterer Vertreter der Schwermetallbranche aus glorreichen Zeiten zurück. Ein Veteranenverein, der nur noch vom Ruhm alter Zeiten lebt? Vorsicht. Mit PURPENDICULAR ist Gillan, Lord & Co. – Wunder über Wunder ein häufig passables, phasenweise gar feines Album gelungen. Was wohl auch damit zu tun hat, daß Neu-Gitarrero Steve Morse (Ex-Dixie Dregs, Ex-Kansas) der Seniorensippe ordentlich Feuer unter dem Hintern macht. Angesichts seiner teils atemberaubenden Saitenartistik verblaßt selbst der Stern eines Ritchie Blackmore, von Joe Satriani ganz zu schweigen. Allenfalls Tommy Bolin hätte da einigermaßen mithalten können, aber der jammt erstens schon seit vielen Jahren mit Jimi Hendrix im Axemen-Himmel und gab zweitens auf der unterirdisch schlechten Purple-Scheibe COME TASTE THE BAND auch nicht die allerglücklichste Figur ab. Nun leistet also Country-, Jazz- und Art-Rocker Morse den alten Recken Gesellschaft, und plötzlich tun sich neue purpurne Horizonte auf. ‚The Aviator‘ kommt als folkiger Ohrwurm inklusive Mandolinengezupfe, der auch von Robert Plant und Jimmy Page hätte geschrieben werden können. ‚Rosa’s Cantina‘, voller unterschwelliger Spannung, und ‚The Purpendicular Waltz‘ sind mundharmonikagetriebene Bluesrockstücke, auf ‚Loosen My Strings‘ und dem beinahe poppigen ‚A Touch Away‘ steht dick „HIT“ drauf, das episch-ausladende ‚Sometimes I Feel Like Screaming‘ hat ebenfalls seinen Reiz. Bleiben die unvermeidlichen Riffrocker, die etwa die Hälfte des einstündigen Werkes ausmachen und mal funktionieren (‚Vavoom: Ted The Machine‘), öfter aber schablonenhaft wirken (‚Soon Forgotten‘). Mitunter ist den Herrschaften schlicht nichts eingefallen, was dann unter dem Strich Nullnummern wie ‚Somebody Stole My Guitar‘ oder „Cascades: I’m Not Your Lover‘ ergibt und den guten Gesamteindruck ein bißchen schmälert. Ansonsten hat sich wenig getan. Drummer Ian Paice darf ab und zu Schrägeres schlagen und muß nicht immer nur die Viertel durchklopfen, lan Gillans aufgerauhte Stimme ist nicht mehr die Feueralarm-Sirene, die sie früher einmal war, dafür baut Jon Lords Orgel wie eh und je Soundwände auf, während der Bass für ein solides Fundament sorgt. Eine Offenbarung à la MACHINE HEAD oder DEEP PURPLE IN ROCK ist PURPENDICULAR nicht, eine nette Abwechslung allemal. Ob, wie der Titel suggeriert, bei Deep Purple alles im Lot ist, bleibt nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre abzuwarten.
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