Demonstration Record

Zwei Jahrchen sind ins Land gezogen, seit Ian Matthews die letzten Töne ablieferte. „Ian Matthews“, fragt sich verblüfft der betagte ME-Leser, „was hat dermit Hi-Fi zu tun?“ Des Rätsels Lösung: Gemeint ist nicht die britische New Wave-Band HIFI, die sich nach zwei LPs sehr schnell und erfolglos aus dem Rock-Tagesgeschäft verabschiedete. Hi-Fi (mit Bindestrich) ist die neue Band um den legendären britischen Folk-Heroen Ian Matthews.

Weiterer glanzvoller Name in dieser 5-Mann-Truppe: David Suhrkamp, seines Zeichens bis 1976 Original-Mitglied der 1973 in St. Louis gegründeten Pavlov’s Dog. Jener Sänger, der mit seiner unnachahmlichen Stimm-Akrobatik entscheidend zum Image dieser abseits des Massen-Publikums dahinvegetierenden Rock-Band beitrug.

Die vorliegende Schwarzrille mit fünf Songs wurde im letzten Jahr an vier Abenden in einem kleinen Club namens Bearcreek live mitgeschnitten. Die Kooperation des Duos Suhrkamp/Matthews ist eine exzellente Demonstration zweier voneinander entfernter Charaktere. David Suhrkamp – der exzentrische Folk-Hip-Rock-Barde. Daneben Ian Matthews – ein Relikt vergangener Folk-Tage (Fairport Convention, Matthews Southern Comfort), für mich die Inkarnation von lebendigem, britischen Folk-Rock. Letzterer präsentiert sich heute offen für neue, zeitgemäße Rock-Töne. Energie und Besessenheit geben den Songs dieser Scheibe ungeheure Frische, initiierten Elan und ungebremsten Spielrausch. Diese Begeisterung wird von seinen Mitspielern geteilt: Schlagzeug, Baß und die drei Gitarren verschmelzen zu einem kompakten, treibenden Rocksound.

Keine verkalkten Oldies wurden dabei in Bier-Laune runtergeschrubbt, sondern Rock im Losgeh-Tempo bricht aus den Boxen. Nach dem Instrumental-Intro „Savage“ geht’s ohne große Pause in die erste Suhrkamp / Matthews – Nummer „Heart Of Mine“: mehrstimmige Gitarren, ein marschierender Rhythmus, darüber die klaren, scharfen Vokale im Höhenbereich. „I Can’t Fade Away“, mit interessanten Tempo-Wechseln, kennt man schon von der letzten Matthews-Solo-LP SPOT OF INTERFERENCE. Seite 2 beginnt mit „9 O’Clock“, einem Parsons-Song (sicher Graham). Prägnante Gitarren-Riffs, ungezügelte Soli und ein Dampflok-Beat. Die richtige Einstimmung auf den Höhepunkt dieser Platte: „Man In A Station“, die John Martyn-Nummer, die Matthews schon 1978 auf seiner Comeback-LP STEA-LIN‘ HOME intonierte. Im Studio noch mit zurückhaltender Disziplin eingespielt, hier lebendige 6:39 Minuten im rauhen, leidenschaftlichen Bühnen-Gewand. Eine Abfahrt wie eine präzise ausgetimte Achterbahn-Sause.