Der Aufstieg des US-Untergrunds :: Heldenepos
Was Plattenfirmenmagnaten und Mainstream-Anhänger vergangenes Jahr wie ein Donnerschlag traf, war natürlich, wie Anhänger der ersten Stunde wissen, im Untergrund lange vorbereitet. Nirvanas kommerzieller Erfolg war kein Überraschungsangriff aus dem luftleeren Raum, eine alternative Szene an Bands und Publikum brodelte in den USA schon lange. Daß eine Band aus dem Lager der Glaubwürdigkeit die aufgeblasenen Maschinerie des Musikbusiness kurzfristig außer Kraft setzen konnte, ist die erste Heldengeschichte der Musik, die es sich seit Ende der Siebziger zu erzählen lohnt. Die amerikanische Musikjournalistin Gina Arnold tut eben das mit der extrem subjektiven Dankbarkeit eines Fans, der nun endlich nicht mehr bei jedem Jimi Hendrix-Song schmerzlich daran erinnert wird, zu spät geboren zu sein. Ihr autobiographischer Erlebnisbericht einer verspäteten Punk-Jugend in Amerika, die Schilderung ihres spät-pubertären Heranwachsens zu Klängen von Hüsker Du und Fugazi und ihre Begeisterung über den letztlichen Siegeszug von Nirvana ist auf jeden Fall unterhaltsamer als reißerische Band-Bios zum Thema. Statt den allwissenden Intimus zu markieren, bleibt sie bewußt auf dem Zuschauerposten, und das macht ihre Chronologie einer zehnjährigen Musikgeschichte in den USA für den Leser zum ganz persönlichen Erlebnis. Und auch wenn ihre eigene Begeisterung für die erwähnten Bands ab und an ein wenig peinlich über die Stränge schlägt, Route 666 erzählt fast soviel über amerikanische Jugendkultur der Gegenwart wie eine Nirvana-Platte.
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