Destination: Pop
50 Interviews aus 20 Fanzinejahren. Bei dem Wort Fanzine sind die ersten drei Buchstaben entscheidend: Derdamals 19jährige Gilbert Blecken startete 1989 sein erstes solches Heft, weil er sich von der „offiziellen“ (Musik-)presse unterversorgt fühlte, näher ran wollte an die Lieblingsmusiker. So was kann zur Obsession werden – Blecken wartete vor Konzerthallen, bei Soundchecks, fragte und wurstelte sich durch zu den Stars und weniger weltverändernden Musikern der Indie- und Alternative-Szene(n), mit Geduld, Beharrlichkeit und einem Interesse an Feinheiten und Hintergründen, das in nicht wenigen Fällen über das der Urheber hinausging. Das macht einige seiner Interviews sehr interessant und zumindest auszugsweise lesenswert. Ein Nachteil ist der heilige Bierernst, mit dem Blecken an sein Handwerk herangeht, die Befragten bisweilen überfordert und ihre wenig aussagekräftigen Allerweltsantworten dann auch noch in voller Länge und Breite wiedergibt. Dass es ihm an Lockerheil und Witz fehlt, ist zwangsläufig der nächste Nachteil, vorgeführt an den „gescheiterten“ Interviews etwa mit Brett Anderson, der den Interviewer erst abblitzen lässt und bei einer zweiten Begegnung relativ deutlich aufzeigt, was man in solchen Gesprächen falsch machen kann – ohne dass der Autor es merkt übrigens. Da fehlt es wohl schlicht an Gespürund Sinn fürdie Strukturen, Absurditäten und das Spielerische der Popmusik-Kunst – schade, denn gerade die Kurzerzählungen von abgebrochenen und nicht zustande gekommenen Interviews lassen ahnen, dass in diesen Geschichten viel mehr (und sei es nur an Witz) drinsteckt, als Blecken ahnt. Vielleicht schreibt er eines Tages mit erweitertem Horizont ein Buch nur darüber?
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