Die salzweißen Augen
Viele Jahre nach seiner Schulzeit erinnert sich David, Journalist und Exredakteur einer Musikzeitschrift, an Sonja, in die er damals aussichtslos verliebt und die als hyperanständiges, geschlechtsloses Mädchen der ideale Gegenpol zu seinen Ansichten und Vorlieben war oder wenigstens schien. In 14 Briefen an Sonja versucht der halbgebildete Superklugscheißer nun, die Narben seines damaligen Scheiterns zu intellektualisieren – mit einem wild zwischen plausibel, wirr, banal, absurd und steindumm changierenden Wasserfall von Küchenphilosophismus zu Metal, Pornographie, Splatter und ihren Verächtern. Während er sich durch den Wust von Feuilletonplapperei zum Zusammenhang von Drastik und Aufklärung gräbt, wächst im Leser die Ahnung, daß da im Hintergrund noch was verborgen ist – ein „dunkles Geheimnis“, das dann auch langsam ans Licht kommt: Es gab einen „drastischen“ Grund für Sonjas „Bravheit“ und ihren Hang zu weiten Pullovern, und es gab eine spätere Begegnung bei einem Klassentreffen, wo sich etwas herausstellte … Am Ende bleibt (obwohl es einen zwielichtigen „Herausgeber“ gibt, den man als zweite Hälfte eines autobiographischen Erzählers deuten könnte, was der Ex-Spex- und jetzige FAZ-Redakteur Dath aber ausdrücklich verneint) Hoffnung, daß David wenn schon nicht seine Liebe, dann zumindest Zugang zur Welt und sich selbst finden könnte. Ein vielschichtiger, merkwürdiger, in Teilen (gegen Ende) spannender und brillanter Roman, der darunter leidet, daß seine essayistischen Bestandteile die (Gefühlslgeschichte) überwuchern und arg nach zusammengenagelten Überbleibseln aus Schubladen riechen.
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