Emmylou Harris – Spyboy

Daß Emmylou Harris anbetungswürdig ist und ihr musikalisches Gesamtwerk eine Göttergabe, ist auch von emotional verarmten Ignoranten kaum zu leugnen. Daß ihr bisher letztes Lebenszeichen WRECKING BALL (1995) vom Langzeit-Fan mit mildem Befremden goutiert wurde, lag denn auch vornehmlich an Produzent Daniel Lanois, der kühl-ätherische Soundschwaden durch Emmys fragile Songs wehen ließ. Das Ergebnis glich eher dem mäandernden Kunst-Folk seiner eigenen Alben als Harris‘ punktgenauem Country-Pop-Sentiment. Da mag es nicht eines jeden Emmylou-Verehrers Sache sein, daß Lanois‘ Einfluß auch auf SPYBOY, dem dritten Live-Statement der Grande Dame des Country.nicht zu überhören ist. Neben dem geschätzten Buddy Miller (Gitarren) gehören Brady Blade (Schlagzeug) und Daryl Johnson (Baß), die Stamm-Rhythmsection des Kanadiers also, zur Mini-Band. Die Setlist enthält natürlich reihenweise Klassiker („Love Hurts“, „Ain’t Living Long Like This“, „Tulsa Queen„), dazu einiges Material von WRECKING BALL und mit „The Maker“ die Coverversion eines Songs von – genau! – Monsieur Lanois. Das Problem dabei: Die Herren Begleiter tönen meist inspiriert, aber mitunter so wohltemperiert, daß man wehmütig an Albert Lee, Rodney Crowell oder Emory Gordy denkt, die einst erheblich erdiger assistierten. Dafür entschädigen Emmylous wunderbare Stimme und Songs wie die Gram-Parsons-Hommage „Boulder To Birmingham“, die Steine zu Tränen rühren würden. Ein Wunder? Ein kleines.