Emmylou Harris

Stumble Into Grace

Americana: Emmylous zweites Album mit eigenen Songs in Folge.

Sie scheint Geschmack am Songwriting gefunden zu haben – und wir sollten uns darüber freuen. Nach Red Dirt Girl (2000) nun also mehr aus Emmylous Feder, aufgenommen wiederum unter der Regie von Daniel-Lanois-Schüler Malcolm Burn, der nicht nur Red Dirt Girl, sondern auch Harris‘ Opus Magnum, Wrecking Ball, aus dem Jahr 1995, hinterm Pult betreute. Über weite Strecken hören wir den inzwischen zur Trademark gereiften Harris-Sound: schwebend-perkussive Rhythmen sowie federleichte Keyboard- und Gitarrenwolken, in die diese einzigartige, hin und wieder von Sirenen-Chören umschwärmte Stimme gebettet wird. Wunderschön soweit, andererseits allerdings gröberen Naturen auf Dauer nun doch ein wenig zu ätherisch. Stumbling Into Grace hat jedoch einiges zu bieten, zum Beispiel das verspielte peruanische Folklore-Motiv, das „Little Bird“ zugrunde liegt. Oder den herzlichen Respekt, der „Strong Hand (For June)“, das Abschiedslied für June Carter Cash, durchweht, mit Harmonies von Busenfreundin Linda Ronstadt übrigens. Oder die fragile Fröhlichkeit in „Jupiter Rising“, nicht zuletzt auch den sentimentalen Hausmusik-Charme des Traditionals „Plaisir d’Amour“. Mag sein, dass Stumble Into Grace nicht wie sein Vorgänger einen Grammy gewinnt. Mag auch sein, dass die Sprache dieses Albums viel zu leise, zu grazil und zu zurückhaltend ausgefallen ist, um einen spektakulären Erfolg zu generieren. Sicher ist allerdings, dass diese zwölf Songs zusammen mit Wrecking Ball und Red Dirt Girl eine geschlossene Trilogie bilden, die als Spätwerk einer ganz großen Musikerin ihresgleichen sucht. In the long run wird das auch die Kundschaft bemerken, egal ob sie aus dem eher traditionellen Lager der Johnny-Cash- und Willie-Nelson-Verehrer oder dem der progressiven (und offeneren) Wilco– und Jayhawks-Freaks kommt. VÖ: 29.09.

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