Feist :: Metals

Polydor/Universal

Der Mobilfunkanbieter hat angerufen! Er möchte vorhören! Er möchte lizenzieren! Doch alle Handys aus. Ein Folkpoptraum.

Ich mach dir einen Vorschlag, lieber Leser: Du lässt das mit der Plattenbesprechung hier einfach bleiben. Genau – nicht lesen! Und schaust dir dafür das instant-ikonografische Foto oben in diesem Kasten an. Ganz laaange. Länger! Es zeigt: Leslie Feist mit der Gitarre, klug und schön. In Schwarz-Weiß. Schaut sie in die relative Ferne des In-sich-Hineins. Spürt sie dem Moment nach. Sucht etwas Einfaches, Pures, das sie der Musik hinzufügen kann, nein, falsch, das zu dieser Musik gehört wie Bein und Ohr und Haar. Bis das Lied nichts mehr braucht. Und so perfekt ist wie dieses Foto von Leslie Feist. Dem Moment entnommen und für den Moment gemacht. Und es gibt ja nichts anderes als ihn. Du und ich wissen das, Feist auch, sie scheint es sich statt aufs Schmuckkissen allerdings direkt ins Bewusstsein gestickt zu haben. Wenn der Moment sich erhebt und hell strahlt, ist also alles gelungen. Solche Momente zu kreieren, sei aller Künstler Pflicht. Mehr nicht. Damit ihr das gelingt, hat Feist gewartet, bis wieder Ruhe da ist, und die es zu erfüllen gilt. Dass sie – einem ihr kinderleichtes Lied „1234“ durchnudelnder Mobilfunkanbieter, längst Herrscher unserer Rasse, sei Dank – einmal ein Popstar war, das muss Ewigkeiten her sein. Jetzt steht sie auf einer Weide und schaut den Lämmern zu. Der Suggestionskraft der Albumpräsentation auf www.listentofeist.com kann man sich freilich nur schlecht entziehen. In künstlerischen Filmchen (in Schwarz-Weiß und Super-8-Farben) sieht und hört man Feist und die, die mit ihr Metals aufgenommen haben (allen voran wieder Gonzales, Mocky sowie der isländische Produzent Valgeir Sigurðsson), in der besseren Welt eines Landhauses irgendwo ganz weit draußen musizieren. Ein Sehnsuchtsort. Wind und Weide, Milch, Meer und die Musik. Diese Menschen glühen und lächeln, sie singen im Kreis, schlurfen in Puschen über die Dielen oder spreizen die nackten Zehen, und sie schauen sehr viel in sich hinein. Was Metals schließlich so besonders macht, ist, dass sich diese Platte von diesem Ort des Musizierens nur so weit entfernt wie unbedingt notwendig. Metals ist eine Folk-Pop-Platte, die auf einfache Strukturen aufbaut. Gitarre, Klavier, Bass, nur die nötigsten Noten. Schlagzeug gibt es fast gar nicht. Dafür wird in die Hände geklatscht, auf etwas geklopft, was auf jeden Fall keine Snare ist, und etwas geschüttelt. Und wenn es lauter werden soll, wird doller geklopft und geschüttelt. Wer sich mit dieser so ruhigen, ruhenden Platte länger beschäftigt, wird allerdings merken, dass in ihr eine ungeheure Dynamik steckt (und sich davon mitreißen lassen) und mit Blick auf die überraschend lange Instrumenten- und Instrumentalisten-Credits vielleicht auch bemerken, wie viel Arbeit und Feinsinn in den Arrangements stecken. Eine Regel wird dabei allerdings in jedem Takt befolgt: Alles und jedes wird getan, um Leslie Feists Stimme ins beste Licht zu setzen! Den zerbrechlichen Ton, das feinste Vibrato, den Soul, das Jauchzen und das Hauchen, der summende Konsonant. Als Dank dafür singt sie auf Metals so großartig wie noch nie.

Key Tracks: „How Come You Never Go There“, „Anti-Pioneer“, „Undiscovered First“

Artverwandtes: Talk Talk Spirit Of Eden (1988) Keren Ann Not Going Anywhere (2003)