Funk/Soul

Nachdem sich Kollege Kreye im letzten Monat ausgiebig Schneisen durch den Rap/Metal/Hip-Hop & House-Dschungel geschlagen hat, wollen wir uns diesmal wieder den etwas gesetzteren Spielarten schwarzer Musik zuwenden. Anlaß dazu bietet zum Beispiel A LOT OF LOVE (Capitol 240595-1/ ASD), das (nicht mehr ganz so) neue Album von Melba Moore. Die hat nämlich, nach ihrem Rock-Flop mit Keith Diamond, einige karriere- und genußförderlichen Maßnahmen getroffen. Die Judas Priest-Garderobe bleibt diesmal ebenso im Schrank wie die dazugehörigen Saiten-Quäler. Diamond wurde entmachtet, statt dessen trommelte Melba alle Producer zusammen, die ihr einst die Maßanzüge schneiderten (Kashif, Paul Laurence. Gene McFadden), läßt als hoffnungsvollen Newcomer u.a. Vanesse Thomas (richtig, die Tochter der Stax-Legende) Feder und Pult ergreifen, pflegt äußerst erfolgreich die Duett-Tradition (mit Kashif und einem vorzüglich aufgelegten Freddie Jackson) – und heraus kommt ein SOUL-Volltreffer, der zu ihren besten gezählt werden muß. Zumal sich Melba stimmlich in glänzender Verfassung präsentiert: Pflichtprogramm für alle, die es ganz „schwarz“ mögen. (5)

Was man von Shannon und LOVE GOES ALL THE WAY (Atlantic 81658-1) nicht unbedingt behaupten kann. Als schweißgebadete Hantel-Lady sitzt sie auf dem Cover ihres Atlantic-Debüts Model, nur bedingt ein Indiz für das, was musikalisch folgen soll. Die klirrende, mittlerweile völlig ausgereizte Gefrierschrank-Disco ihrer Stammproducer Ligett/Barbosa, die Shannon via „Let The Music Play“ einst den Durchbruch bescherte, kommt hier nur noch zweimal und ohne nennenswerte Ergebnisse zum Zuge, wenngleich auch einige Bemühungen („Dancin““,“.You Blow“) der neu rekrutierten Helfershelfer bedenklich in diese Richtung ausschlagen. Doch ansonsten, die Verpflichtung von Robbie Buchanan deutet es schon an. läuft alles darauf hinaus, sie auf Mainstream-Soul-Kurs zu bringen.

Mit mittlerem Erfolg: Als akzeptable Dancer gehen „You Put A Spark In My Life“ und besonders „Right Track“ durch, und auch das Titelstück, die einzige Ballade, meistert die Kandidatin recht manierlich. (3)

Das alte Lied: Liegen die Erwartungen zu hoch, ist die Enttäuschung oft nicht minder groß. Ich hab’s sehnlichst erwartet, das Album-Debüt von Ruby Turner, und jetzt, nachdem WOMEN HOLD UP HALF THE SKY (Jive Teldec 6.26385) mehrere Durchgänge absolviert hat, bin ich eher ein bißchen ratlos, warum vieles nicht so zünden will, wie ich mir das erhofft hatte.

Am Songmaterial liegt’s eigentlich nicht, wenn auch die Reasae-Ausfliice etwas schlapp geraten sind; aber Autoren wie Monte Moir. Womack & Womack oder die Veteranen Penn/Oldham bürgen schon für Qualität. Ruby seihst? Auch nicht, obwohl sie mitunter merkwürdig verhalten, fast gehemmt wirkt und dann deutlich unter ihren Möglichkeiten bleibt.

Vielleicht die Produktion? Schon eher: Gleich sechs verschiedene Köche an die Mix-Töpfe zu lassen, entpuppt sich nicht als das beste Rezept. Vielleicht sollte sich Ruby auf einen einschießen. und den dann machen lassen. So bleibe ich für ihre Zukunft optimistisch, und zücke eine vorsichtige: (4)

Sie hat alles richtig gemacht, was eine Frau nur richtig machen kann, um in gewissen Kreisen auf die nötige Credibility-Punktezahl zu kommen. Schon mit fünf Jahren sang Genobia Jeter, Nichte der Gospel-Größe Rev. Julius Cheeks im Baptisten-Chor: ihren ersten Plattenvertrag hatte sie, auf Fürsprache von Sam Cooke, Bobby Womack und Aretha Franklin, noch bevor sich der Pubertätsspeck endgültig hüftabwärts orientiert hatte.

Auf GENOBIA (RCA AFL I -5897) kombiniert sie ihre Vergangenheit mit den Erfordernissen eines zeitgenössischen R& B-Sounds und heraus kommt ein prächtiger Gospel Soul-Zwitter — während Genobia mit aller Inbrunst und Ekstase gen Himmel (liegt, bleibt der Rest auf der Erde, eine köstliche Arbeitsteilung. Ihre Gospel-Roots treten am deutlichsten in der hammond-geschwängerten Ballade „Take A Look“ zutage, den Tanzboden bringt sie mit trockenen Moog-Sprengsätzen a la „We Got Love“ zum Bersten, und Glenn Jones gibt sich im programmatischen „Together“ die Duett-Ehre. Wunderbar! (5)

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