German Rock Super Concert-Frankfurt Festhalle
Es mag einem vielleicht komisch vorkommen, dass das erste Deutsch-Rock-Festival ausgerechnetet einen englischen Namen bekommen hat. Mir fiel dieser Gag am Rande erst auf, als ich am Morgen nach der denkwürdigen Nacht mit Atlantis und Agitation Free und … und … und … am Frühstückstisch sass. Die Kellner hörten einfach nicht auf, auf englisch auf uns einzureden, mitten in Frankfurt. Seltsam. Seltsam. An diesem Morgen war mir einfach alles egal. Meinetwegen hätten sie mir die Brötchen auf altägyptisch servieren können. Was war bloss los mit mir? Was hatte mich so verändert? Nun, das war’s: Das German Rock Super Concert in Frankfurt. Nie zuvor war die deutsche Rock-Familie so gross, so schön, so zusammen, so cool. Ich habe Freak-in erlebt, das mir glatt die Sprache verschlagen hat. Nach dem ersten grösseren Echo aus dem Ausland ist es dem Deutsch-Rock, was immer das ist, endlich gelungen, an die 10 000 von uns in die Frankfurter Festhalle zu locken. Lippmann & Rau macht’s möglich.
Mini-Woodstock?
Vielleicht lag s daran, dass das Wetter draussen so dufte war, vielleicht lag’s daran, dass ich mir so eine Art Mini-Woodstock ausmalte, vielleicht, vielleicht… sicher war ich mir nur, dass ich keinen Bock hatte, journalistische ‚Schwerarbeit‘ zu leisten. Also Hess ich mein Tonbandgerät und den Foto-, apparat im Hotel zurück und mischte mich den Trubel hinter der Bühne. Allgemeine Hektik. Roadies fummelten dutzendweise an den herumstehenden Anlagen und brummten mit den teilweise irre bemalten LKWs durch die Gegend. Agitation Free zelebrierte den elektronischen Rock auf der Bühne. Man traf sich mit dem Pappbecher Bier in der Hand. Die Plattenfirmen hatten ihre Peutsch-Rock-Spezialisten anreisen lassen. Ein Fernsehteam geisterte durch’s Gedränge. ‚Gift‘ aus Augsburg stieg als zweite Rock-Mannschaft auf die Bretter. Right on!
„Wie auf ’ner Fete'“
Zu diesem Zeitpunkt lief alles so ziemlich nach Terminplan. Nur eine gute halbe Stunde stand jeder Band zur Verfügung; immerhin waren 13 Gruppen für diesen Tag verpflichtet worden. Karthago aus Berlin zeigten als dritte Formation, dass sie gut vorbereitet und musikalisch voll am Ball waren. Ihr neues Repertoire ’sass‘, nicht zuletzt, weil sie eine Woche zuvor gerade die Aufnahmen für ihr zweites Album im Hamburger Windrose Studio abgeschlossen hatten.
Nach ihrem Gig merkte man den fünf Berlinern die ‚Jetzt können wir ja zum gemütlichen Teil übergehen‘-Stimmung an. Gitarrist Toey hätte zwar gerne noch ’ne Stunde länger gespielt, aber ‚man muss die Feste feiern wie sie fallen‘. Im feuchtfröhlicheren Teil des Abends, kurz vor Mitternacht etwa, Hess er am Tresen den Spruch los, der unbedingt gesagt werden musste: ‚Mann, ich kann kaum noch glauben, dass dies ein Festival sein soll, ich fühl‘ mich wie auf ’ner Fete mit vielen guten alten Bekannten . . .“
Klamauk-Gurus
Als angenehme Überraschung empfand ich es, dass die Pausen izwischen den einzelnen Auftritten nicht länger als unbedingt nötig waren. Ein Kompliment für die Atlantis-Roadies, denn sie waren es, die dafür sorgten, dass auf der Bühne schnell und korrekt umgebaut wurde. Den ganzen Nachmittag, den ganzen Abend und die ganze Nacht lang.
Guru Guru brachte als einzige der anwesenden Bands theatralischen Klamauk auf einer soliden Hard-Rock Basis. Nichts gegen die Texte, die Mani-Elektrolurch-Neumeier ins Mikrofon ‚redete‘, aber ich dachte, ‚Mann Mani, lass‘ doch mal Dampf ab, schaff Dich. Oh Mann, ein Alice Cooper mit deiner monotonen Stimme wäre in zwei Wochen vergessen. Der Elektrolurch-Trip ist sicher nicht der Schlechteste, aber damit er ins Publikum reinknallt wie die Faust aufs Auge, sollte er vielleicht noch einen letzten extatischen Schliff bekommen. Der Birth Control-Hammer
ach der ersten Solo-LP des Newcomers Don Anderson hatte ich damit gerechnet, dass er mit seiner Band einen fetzenden Auftritt liefern würde. Zumal weil Joy Fleming mit von der Partie war. Aber – was passierte, wirkte einigermassen ernüchternd. Musikalisch gesehen ging es zwar streckenweise verdammt gut los, aber für das doch recht unkonventionelle Publikum hatte sich die Joy wohl ein bisschen zu chick angezogen. Ausserdem hatte ich sie mir ein kleines wenig feuriger vorgestellt. Die leeren Bierdosen, die auf die Bühne flogen, gehörten zu den zwar seltenen aber unschönen Szenen dieses Abends.
Birth Control, die im Anschluss daran rockten, brachten mit ihrem simplen, aber in die Knochen gehenden Hard-Rock eine aussergewöhnliche Stimmung in die Halle. Als sie vonwegen Zeitdruck ihren Gig beenden mussten, wurden die ansonsten recht trägen Festival-Freaks zum ersten und einzigen Mal so richtig munter und forderten minutenlang nach einer Zugabe. Schade, dass die Veranstalter zu sehr an ihre Programmplanung dachten. Festivals werden doch schliesslich für die Zuschauer gemacht, oder?
Passport + Atlantis
Mit Klaus Doldingers Passport erschien als nächstes eine der professionellsten Jazz-Rock Gruppen, die bei uns zuhause sind. Ex-Atlantis Drummer Kurt Cress scheint mit Passport nun endlich die Band gefunden zu haben, in der er sein Jazz-Feeling voll ausleben kann. Nach dem Auftritt erzählte er mir, dass er den Atlantis-Trip sehr dufte fand und auch noch gerne an ihn zurückdenkt: „Ich war neugierig, ob meine Musikvorstellungen mit denen der anderen Atlantis-Mitglieder auf einen Nenner zu bringen waren. Dass es nicht geklappt hat, empfinde ich als einen normalen, unter Musikern alltäglichen Vorgang. Es gibt soviel verschiedene und trotzdem dufte Musik.“ Atlantis hatte es vielleicht am Schwersten an diesem Abend. Schliesslich geistert um sie herum das Image, Deutschlands Top-Band zu sein. Wie die Gruppe aus Hamburg das German Rock Super Concert überstand, kann man im 2. Teil der Atlantis-Story auf Seite 35 herausfinden.
Nektar-Lights um Mitternacht
Es war schon gegen 22.00 Uhr, als Amon Düül loslegte. Es ging recht ‚Free‘ und ‚Jazzy‘ zu – sowohl bei den Düüls wie bei Wolfgang Kriegeis Spectrum, die anschliessend auftraten. Musik für Jazz-Freunde, aber wohl kaum für Teenager. Die mussten sich natürlich um diese Zeit schon so langsam überlegen, ob sie noch bleiben oder Krach mit Mammi und Pappi riskieren sollten. Beim Nektar-Gig so gegen halb zwölf durfte natürlich die Light-Show nicht fehlen. An dieser Gruppe fasziniert mich immer wieder der ausgefeilte und hundertprozentig sitzende Gesangspart.
Wahrscheinlich bin ich ja ein nicht mehr zu rettender Kulturbanause, aber bevor die Zeit für die Auftritte von Kraan und Kin Ping Meh gekommen war, hatte mein nicht mehr ganz nüchternes Unterbewusstsein beschlossen, dass der nächste Gig in meinem Hotelbett stattfindet.
Das war’s aus Frankfurt. .. . und nochmal: Wenn ihr mich fragt, ich fand’s prima.
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