Golden Diskó Ship Imaginary Boys


Karlrecords

von

Man muss der Berliner Klangkünstlerin Theresa Stroetges ausdrücklich zugutehalten, dass ihr künstlerischer Ansatz so offen ist, dass jedes ihrer Alben – entgegen dem allgemeinen kulturindustriellen Trend – eine Entwicklung gegenüber dem nächsten darstellt. Ihr zweites, INVISIBLE BONFIRE aus dem Jahr 2014, war anders als das Debütalbum PREHISTORIC GHOST PARTY zwei Jahre vorher – und IMAGINARY BOYS ist wiederum anders als die beiden davor. Diese Anders­artigkeit vollzieht sich im Rahmen traditioneller (Folk im weitesten Sinn) und experimenteller Musiken (die Verarbeitung der unterschiedlichsten Einflüsse zu einer Art Meta-Musik).

Der Advanced Folk spielt eine eher untergeordnete Rolle auf dem dritten Album von Golden Diskó Ship, zugunsten von prog-rockistischen Strukturen, die aber im Mäntelchen der minimalistischen Avantgarde und als hippieske Endlosimprovisationen daherkommen. „Pacific Trash Vortex“ klingt wie ein Versuch über 70er-Jahre-Westcoast-Yacht-Rock, in „Abandoned Chinese Fishing Village“ stellt Stroetges ihre Fähigkeiten auf der Viola zur Schau – westliches Instrument, östliche Harmonik. Im Mittelteil entwickelt sich der Track zu einem basslastigen Monster.

Überhaupt spielt der Bass eine große Rolle auf diesem Album, er wird aber nicht wie im Techno zu einer conditio sine qua non, sondern eher zu einem Objekt der Forschung, das in andere, neue Kontexte überführt werden soll. „Wrong Beach“ wiederum klingt wie ein aus der Art geschlagener Techno-Track mit gegeneinander laufenden Beats. Dass diese höchst diversen Musiken im Kontext eines Albums äußerst homogen zusammengehen, ist nur eine von vielen Wunderlichkeiten im Zu­sammenhang mit der Kunst von Golden Diskó Ship.


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