Gomez – Liquid Skin

Leise und unauffällig, mausern sich Gomez zur wichtigsten britischen Band der Gegenwart. Dabei sind sie mindestens so spröde wie produktiv. Schon der Opener ihres zweiten Albums zeigt, wohin die musikalische Reise geht: Zu hippieeskem Folk-Rock mit verschrobenen Arrangements und bissigen Texten. Verpackt in wunderbare Hooks, Dub und Psychedelia, bewegen sich Gomez irgendwo zwischen der Beta Band und amerikanischen Kiffer-Greisen wie den Grateful Dead. Ein gnomenhafter Haufen aus dem Norden Englands, der in seiner eigenen Welt lebt, gleichzeitig aber genug Weitsicht besitzt, um ebenso witzige wie bissige Texte zu schreiben. Etwa in „Revolutionär/ Kind“, das sich über die stagnierende Techno-Szene amüsiert oder „Rhythm&Blues Alibi“, eine Abrechnung mit 30 Jahren gediegener R’n’B-Langweile. Aber auch musikalisch wissen Gomez Akzente zu setzen. Etwa mit der Endsechziger Hommage „Bring It On“, die zwischen Jazz und Folk schwankt und durchaus von Blood, Sweat & Tears, The Band oder CSN&Y stammen könnte. Überhaupt haben Gomez ein Faible für die Spätsechziger. Nicht umsonst ist Liquid Skin genau so produziert, wie die meisten Beat-Klassiken Ein analoges Chaos aus wirren Ideen, die mit Mühe und Not zu Songs komprimiert werden und den Hörer in ein kunterbuntes Gegenuniversum katapultieren. Da wird gekifft, geliebt, musiziert und auch sonst alles gemacht, was wir heute aus vergilbten Filmen kennen. Deshalb sind Gomez auch so subversiv: Sie entführen die karrieregeilen Kids der 90er Jahre in eine Zeit, als es noch schick war, anders zu sein. Und wenn das (noch) nicht für ihre Fans gilt, dann doch für Gomez selbst.