Good Rats – From Rats To Riches
Kommt mein Herzblatt rein und fragt an, was für eine Seger-Platte denn da grade laufen würde. Erst klappt mir der Kiefer herunter, dann mache ich mich mit dem Gedanken vertraut, zum ersten Mal einer Schwermetall-Scheibe vier Sterne geben zu müssen. Die New Yorker Good Rats nämlich haben soeben eine akustische Nagelprobe mit Bravour gemeistert. Genau das sollte und wollte der programmatische Opener ihrer LP auch sein – ein perfektes Plagiat, eine Art augenzwinkernder Trittbrettfahrt im Motorcity-Modesound. Textauszug aus „Taking It To Detroit“:
There’s a thing that every band should be knowing/ It’s a basic law of rockin ‚ & rollin’/ Hear what I’m tellin’you/ In a land that had been known for it’s mobiles/ Now it’s Kiss and Seger who are it’s big wheels/ I wanna be one too/ This is what I’ll do make myself famous/ Make this band a househould word on Uranus/ Headline at Cobo Hall. . .
warum auch nicht? Erstens beherrschen die vier New Yorker Instrumental-Ratten Mickey Marcheilos (g), John Gatto (g, keyb), Joe Franco (dr) und Lenny Kotke (b) das Grobschmiede-Handwerk bis auf’s I-Tüpfelchen. Und zweitens verfügt Bandboß Peppie Marchello (voc), der genau wie sein Bruder übrigens einen prächtigen kubanischen Parteifunktionär abgeben würde, nicht nur über ein nachgerade Cocker’sches Blues-Reibeisen, sondern obendrein noch über kompositorische Qualitäten. Schließlich bringt er es fertig, aus den verschlissenen, synthetischen Heavy-Versatzstücken aktueller Glitzertruppen, aus R’n’R-Klischees und einer gehörigen Prise Blues-Feeling einen schwergewichtigen Prachtsound zusammenzuschrauben. Er hebt sich von der Masse ähnlicher Versuche wohltuend ab durch farbige Effektsplitter und lässigironische Vokal-Einwürfe, die bisweilen fast zappaesk anmuten (kein Wunder, haben doch die Ex-Mothers Flo und Eddie alias Mark Volman und Howard Kaylan produziert).
Wichtiger noch: auch Marchelios leicht anarchistisch eingefärbte Alltags- und Polit-Lyrik atmet nicht nur rüpelige Direktheit, sondern auch eine gehörige Portion schwarzen Hintersinn und bissige Ironie. „You all got to be a little twisted if you paid to hear us“, eröffnet er dem verdutzten Zuhörer, um Besserung sogleich auszuschließen: „I swear I’d rather clean the cages at the zoo, than to change my songs for you.“ Im übrigen möchten diese zutiefst nihilistischen Ratten am liebsten die ganze heile Welt zum Abschluß freigeben: Mami, Papi, die Ölbosse und Gewerkschaftsbonzen. Bloß eine Spezies von Mitbürgern ist ihnen tabu – klar welche: „Don’t hate the ones who bring you rock’n’roll!“ Wie sollte man – wo Ratten doch so possierlich sind.
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