Guns N’Roses

Lies

Street-Rock : Den US-Hardrock-Poseuren sagt der naturreine Rock-Mob den Kampf an

Solch verhauene Typen findet man selbst im Land der vermeintlich unbegrenzten Möglichkeiten nur selten. Saufen, Huren und allerlei andere Rock’n’Roll-typische Exzesse gehören bei der „Street Rock“-Gang fest zum kontroversen Image. Getreu der Band-eigenen Philosophie „Reibung erzeugt Hitze“ ecken die Fünf mit Vorliebe an. Doch angesichts des sensationellen Erfolges ihres ersten regulären Albums APPETITE FOR DESTRUCTION trocknete schließlich auch dem letzten Tugendwächter öffentlicher Moral schnell die Tinte im Zensur-Füller. Weit über sechs Millionen verkaufte Exemplare in den USA, mehrere Wochen auf der Top-Position in den Charts – und nun legt man schon einen drauf, in Form einer Mini-LP mit insgesamt acht Songs. Das Kuriose daran ist: Die „G-Side“ betitelte A-Seite ist identisch mit der „Live? Like A Suicide“-EP von 1986, die bis dato vergriffen, jetzt wieder jedem/jeder zugänglich ist. Vier Songs aus der Sturm & Drang-Phase der Band, darunter das Cover des Aerosmith-Klassikers „Mama Kin“. Apropos Aerosmith: Der Stallgeruch von Steven Tylers Veteranen-Verein zieht sich wie roter Stilfaden durch das rüde Bombardement von Sänger W. Axl Rose, den Gitarristen Slosh und Izzy sowie Bassist Duff plus Steven Adler am Schlagzeug. Die B-Seite, kurz „R-Side“ genannt, bietet volles Kontrastprogramm aus der aktuellen Gegenwart: vier Songs aus der reinen Akustik-Ecke – Gitarren schrammein munter vor sich hin, verbreiten ein angenehm relaxtes, ja manchmal schon verdächtig dezentes Aroma – gerade so, als wollten die Extremisten des harten Streef-Rock auch dem letzten Schandmaul Sand in die Augen streuen. Fakt ist allerdings: Die Spontan-Kompositionen, frei von Arrangement-Ballaststoffen, reimen sich in erster Linie auf Reminiszenzen an die Väter des modernen Rock’n’Roll, namentlich die Meister kompositorischer Vielfalt und ranker Harmonien: die Bealles. Fazit: Wer die Mob & Street-Rocker bislang für musikalische Scharlatane oder gar Zinker hielt, wird hier eines Besseren belehrt. Denn: „the mob rules“und zwar „nice & sleazy“.