Guru Guru – 30 Jahre Live

Japaner sind irgendwie doch so ganz anders. Die Frage ist nur, ob sie ihrer Zeit voraus sind oder fern den Schauplätzen der Popgeschichte selbiger ein Vierteljahrhundert hinterherhinken. Nippons Begeisterung für krautige Klänge bricht sich jedenfalls in Guru Gurus neuem Live-Album Bahn, das bei CaptainTrip Records in Tokio erscheint und lediglich via Import den Weg nach Deutschland findet. Also auch ins idyllische Odenwald-Kaff Finkenbach, wo Schlagzeug-Curu Mani Neumeier regelmäßig ein Festival veranstaltet, dessen ’98er-Ausgabe die Basis von 30 JAHRE LIVE abgibt. Drei CDs lang wird munter improvisiert, getrommelt, gefiedelt und gedudelt, daß Hippies in Batikhemden ebenso auf ihre Kosten kommen können wie Jungmenschen mit einem Hang zu Halluzinogenen sowie Trance/Ambient-Exotika. Und natürlich Japaner, die Guru Guru seit geraumer Zeit ohnehin zur In-Kraut erklärt haben. Gehört CD Nummer 1 dem aktuellen Line-Up Guru Gurus, gibt sich bei der „Supersession“ auf Nummer 2 zusätzlich eine illustre All Star-Gang die Ehre. Damo Suzuki und Michael Karoli von Can mischen ebenso mit wie die Guru-Veteranen Ax Genrich, Ingo Bischof, der auch bei Kraan zugange war, oder Butze Fischer, einst auch in Embryos Diensten. Hartgesottenen Freaks bietet die dritte CD ein Leckerli mit drei länglichen, bislang unveröffentlichten Live-Takes von 1971. Und plötzlich verschieben sich die Kriterien: Daß Guru Guru „big in Japan“ sind, kann nichts mit dortiger Progressivität oder Rückständigkeit zu tun haben, denn die Musik der deutschen Instrumental-Ekstatiker ist in ihrer Kompromißlosigkeit ziemlich zeitlos. Und herauszufinden, woran’s denn nun wirklich liegt, ist wohl eher Sache der japanischen Kollegen.