Hardrock
Bloß keine Hetze, wir schaffend auch so, sagten sich die fünf Senioren von Deep Purple, brüteten alsdann monatelang über dem Stoff, aus dem normalerweise Hits geschmiedet werden, und legen nun endlich THE HOUSE OF BLUE LIGHT (DGG). das zweite Comeback-Album, vor.
Hat sich der große Aufwand gelohnt? Schließlich hatte Produzen! und Bassist Roger Glover die „radikahle Veränderung in der musikalischen Entwicklung der Band“ versprochen. Die Antwort: Jein.
Sicher, alles klingt frischer als noch auf PERFECT STRANGERS, kompakter und aktueller auch, so als ob man den lästigen Schatten der ruhmreichen Vergangenheit endgültig vergessen wollte. Selbst der eigensinnige Mr. Blackmore. der Steuermann des Quintetts, fügt sich mit seinem galant bis bissigen Spiel hervorragend ins Team. Er brilliert mitunter auf den Saiten, als sei er gerade 21 geworden und nicht schon –— laut Paß — weit über die 40. Namentlich in „Unwritten Law“, einem Up-Tempo-Song mit verwirrender. Purple-untypischer Rhythmik, zeigt er allen Möchtegern-Axe-Heros. wer die Hardrock-Gitarre zu dem eemacht hat, was sie heute ist: ein klassisches Leadinstrument, aber beileibe kein ungehobeltes Brett für exaltierte Wüteriche.
Einer allerdings kommt diesmal ganz groß raus: Hammond-Orgel-Fan Jon Lord. Sein farbenprächtiger Tastenreigen liegt wie Honig auf den meisten Songs. Und wenn man erst einmal in Blues-Tiefen („Mitzy Dupree“) gräbt, harmonieren er und Sänger Ian Gillan auf eindrucksvolle Art.
Doch nun zum eigentlichen Manko des Albums: Lediglich vier von insgesamt zehn Songs glänzen durch eingängige Hooks, der Rest dagegen fällt allzu beliebig aus. Knapp (4)
Das Crossover-Album des Monats (Jahres?) kommt aus Irland. Titel: WILD FRONTIER (Virgin); Band: Gary Moore. Selten zuvor hat jemand musikalisch einen so faszinierenden Bogen vom harten Rock zur irisch-keltischen Folklore geschlagen und beides auch noch in einem einzigen Song vereint wie dieser eigenwillige Gitarrist. Tradition ist das Stichwort.
Moore, ein Hexenmeister auf der Gitarre, ist konsequent. Was sich auf RUN FOR COVER bereits leise andeutete, wird hier zur Richtschnur seines Stils. Angefangen bei „Over The Hills And Far Away“. über den gleichnamigen Titelsong (ein Feuerwerk an Tempo, Riffs und allerlei perkussiven Effekten), „Take A Little Time“ bis hin zu dem von dezenten Strings untermalten Instrumental „The Loner“ zieht sich der Folkfaden durch die catchigen Rocksongs. Ein Experiment, das gleich auf den ersten Akkord besticht.
Trotzdem geben sich der Boß und seine Jünger (Bob Daisley. Neil Carter und Robert Carridge) damit noch längst nicht zufrieden. Beispiel: „Friday On My Mind“. die einzige Cover-Version und Opener der zweiten Seite. Wie einst die Easybeats in den 60ern, doch mit weit mehr Power und versteckten Gitarrenlicks möbeln sie diesen Oldie wieder auf.
Lange Rede, kurzer Sinn: Gary Moore 1987 — das ist modernster Hardroek. der aus Virtuosität und Tradition seine ganze kommerzielle Kraft schöpft. (5)
Der Wind heult, die Akustik-Gitarre verbreitet dazu heimelige Wärme, doch plötzlich funkt’s und kracht’s und man steht mitten im ersten Song. „Bring On The Damned“, des neuen Abattoir-Albums THE ONLY SAFE PLACE (SPV).
Anders als ihre Leidensgenossen vom Speed- und Thrash-Ufer setzen die fünf Amis ganz auf Melodien. Schön heavy und satt bringen sie eine stilistisch durchaus interessante Mischuni; aus den frühen Iron Maiden (KILLER) und Black Sabbath (PA-RANOID). Highlight des Albums: das bedrohliche „Nothing Scared“. (3)
Gediegener Heavy ’n‘ Hardroek muß nicht langweilig sein. Das jedenfalls beweisen Maxx Warrior (USA) mit ihrem Mini-LP-Debüt (U.S. Metal Rec.; SPV). Insgesamt vier Mal wird kräftig auf die Pauke gehauen, allerdings mit dem nötigen Gespür für Spannungen und Steigerungen. (3)
Als Mother’s Finest vor Jahren die Segel strichen und für immer verschwanden, war die ohnehin dünn besiedelte Welt des Funk-Hardrock um eine Attraktion ärmer.
Während Sängerin und Sexbombe Baby Jean anschließend als Joyce Kennedy ihr Heil im Disco suchte und dort auch prompt auf die Nase fiel, blieb Gitarrist Mo Moses bei der Fahne und damit dem harten Rock treu. Er rief Illusion ins Leben, legte 1985 das erste und jetzt das zweite Album vor. I LIKE IT LOUD (Geffen; US-Import).
Entsprechend laut, drängend und donnernd sind denn auch die meisten der zehn Songs. Spacige Gitarren und der bombastisch aufgeblähte Sound fliegen einem gleich von Beginn an nur so um die Ohren. Jay Willard (voc, git), Moses. Paul McCoy (bass). Tom Reed (keyb) und Billy Squiers Bobby Chouinard on drums kennen eigentlich nur ein Gesetz: Immer feste druff, auch wenn die simplen Melodiebögen mitunter arg darunter leiden und selbst der Sänger seine liebe Not hat. seine Stimme gegen dies Stahlgewitter zu behaupten. Trotz gefälliger Ideen und Effekte wirkt das Ganze hölzern, bleibt Stückwerk. (3)
Ein imposantes Aufgebot an hochkarätigen Musikern steht dem japanischen Gitarrenwunder Kuni auf dessen Vinyl-Debüt MASQUE (DGG) zur Seite. Allen voran Billy Sheehan, der Über-Bassist aus der David Lee Roth Band, sowie Chuck Wright. Frankie Banali und Kevin DuBrow von Quiet Riot und viele andere mehr. Fraglich ist nur. ob der Nobody von dieser musikalischen Entwicklungshilfe am Ende auch profitieren kann.
Furios stürzt er sich in den Opener „When We Rock“, brilliert mit atemberaubend halsbrecherischen Läufen, einer Technik, die selbst einem Yngwie Malmsteen Respekt abverlangen dürfte, und spielt dabei doch stets melodiös und einfühlsam.
So weit, so gut. Doch schon der nächste Schritt. „Love Taker“, offenbart die ganze Schwäche dieses Großversuchs. Der Song plätschert einförmig dahin, die namhaften Gäste halten sich außerdem strikt an die Vorgaben des Meisters, der plötzlich, wenn’s ihm beliebt, mit wilden Attacken in die Runde platzt und das Steuer an sich reißt. Auf Dauer allerdings erlahmt das Interesse an solchen Kabinettstückchen, weiß man doch schon im voraus, was einen wann erwartet. (3)
Den Kanadiern Kick Axe war das Glück bislang nicht hold. Zu stark waren die Stilschwankungen, mal herzhaft rockig, dann wieder nichtssagend poppig, als daß man sich ein genaues Bild von dem Ahorn-Quartett hätte machen können. Damit soll von nun an Schluß sein. Hoffentlich! ROCK THE WORLD (CBS; Canada Import), vom Gitarristen und Keyboarder Larry Gilstrom produziert, ist jedenfalls der erste Schritt in die richtige Richtung. Diesmal gibt man sich nicht mit musikalischen Halbheiten ab. sondern baut voller Zuversicht auf Power, stehen Up-Tempo-Rocker im Vordergrund, feuert die Gitarre aus sämtlichen Rohren. (4)
Diese Scheibe ist ein Kuriosum. Bereits 1984 hatte es das Yankee-Quartett White Lion in die Main-Metropole nach Frankfurt verschlagen, in der Hoffnung, ihre Demo-Songs hier endlich auf Platte bannen zu können. So geschah’s denn auch. Produzent Peter Hauke nahm sich ihrer an. ging mit ihnen ins Studio — und herauskam FIGHT TO SURVIVE (Grand Slamm: US-Import). Doch die anfängliche Begeisterung der Youngster verflog bald schon wieder. Denn erst 1986 erblickte ihr Debüt das Licht der Regale.
Sei’s drum, trotz dieser Verspätung sind die Aufnahmen, vor allem aber die Qualität der zehn Songs, alles andere als von gestern. Harter Heävy Rock auf internationalem Niveau, von feinster Hand gestrickt und von Vito Bratta (git), Mike Tramp (voc), James Lomenzo (bass) und Greg DAngelo (dr) glänzend inszeniert — damit sollte ihnen der ersehnte Durchbruch eigentlich sicher sein. Erstaunlich auch, mit welcher spielerischen Sicherheit die vier ihren eigenen Stil aufzäumen. Da wird nicht planlos herumgestochert, sondern stets darauf geachtet, daß alle an einem Strang ziehen, daß die Songs rund, kompakt und in sich stimmig klingen. White-Lion — ein Ohrenschmaus für Freunde des gemäßigten Metal. (4)
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