Henry Rollins: München, Babylon :: Wütender Hardcoreradau

München, Babylon, Männerklo, ca. 21 Uhr Drei Kerle stehen in Reih und (höhö) Glied an den Schüsseln, allen gemeinsam-. Aus den Ohren lugen jeweils verschämt gelbe Schaumstoffstücke. Wir haben es also mit dem gehäuften Auftreten der Spezies des Ohrenstöpsel-Trägers zu tun. Ist das Hardcore? Aber jal Immerhin spielt gerade draußen in der Halle die Rollins Band und Henry Rollins gilt als Synonym für Hardcore. Und Henry Rollins kann wohl nichts dafür, dass sein Publikum mit ihm gealtert ist und inzwischen zwei Tage lang klingende Ohren nicht mehr so geil findet. Hank selbst ist kaum gealtert. Gut, der GI-Haarschnitt schimmert inzwischen an manchen Stellen bereits silbergrau, doch der auf der letzten Tour zu erkennende leichte Bauchansatz hat sich wieder zurückgebildet und die Stahl gewordenen Muskelfasern haben nichts an Straffheit eingebüßt.

Und die Wut ist nicht kleiner geworden. Henry Rollins spuckt nicht nur Gift und Galle in seinen Songs, sondern auch Wasser und sonstige Flüssigkeiten auf die Sühne (und auch mal ins Publikum), schneuzt sich in die Hand, plustert sich auf, knickt plötzlich in der Mitte ein und brüllt den nächsten Song ins Mikrophon, den Oberkörper so nach vorne gebeugt, dass der Kopf meist irgendwo zwischen den Knien hängt. Dazu scheppert seine Band metallen knirschenden Rock, mal doomig-langsam, mal hardcorig-schnell, mal geradeaus rockend, aber meist im holpernden Rollins-Band-Duktus. Ein Stil, der immer nur eins sagt: Wir hier arbeiten verdammt hart. Jason Mackenroth prügelt sein Schlagzeug, Jim Wilson kämpft mit seiner Gitarre, Marcus Blake reißt an seinem Bass herum.

Der Sound, dar dabei herauskommt, gleicht einer verzerrten Fratze: angestrengt, geschmerzt, kompromisslos. Lustig ist das nicht. Aber auch nicht so wahnsinnig spannend. Anders als auf der jüngsten Platte „Nice“, wo sich die Rollins Band mehr denn je um Differenzierung und Variabilität bemüht, köchelt die Gruppe live bei gleichbleibender Hitze und stampft herrlich brachial durch die einzelnen Stücke, ohne jedoch groß Akzente zu setzen. Sie wälzt schweren Rock durch die Gegend, ohne je an ein Ziel zu kommen. Sisyphos-Core. Anstrengend, aber sinnlos. Und nur stellenweise unterhaltsam. Rollins Lesungen sind lustiger.

www.henryrollins.com