Ian Anderson – The Secret Language Of Birds

IAN ANDERSON The Secret Language Of Birds

PAPILLON/ROADRUNNER/CONNECTED

Auf diesen Seiten war ja in jüngster Zeit wenig Erfreuliches über Jethro Tull zu lesen: Allzu uninspiriert sollen sie früheren Großtaten hinterher gestolpert sein, wuchtig rockend zwar, gewiss, polternd wie Großvater, aber eben doch auch ein wenig lahm in den Lenden. So zäh und bemüht Jethro Tüll mittlerweile musizieren, erstarrt vor der eigenen Vergangenheit, so befreit, heiter und leichtfüßig kommt uns plötzlich lan Anderson. Wir fragten uns natürlich schon immer, was der Alleinherrscher mit seinen Solopiaten bezweckte: WALK INTOTHE LIGHT von 1983 entsetzte mit dünnstem Eighties-Pop, DIVINITIES:TWELVE DANCES WITH GOD (!995) geriet ebenso prätentiös und verschwiemelt wie sein Titel. Für THE SECRET LANGUAGE OF THE BIRDS aber erinnerte sich Anderson an die fruchtbaren späten 70er, an Platten wie HEAVY HORSES oder SONGS FROM THE WOOD, an das fröhliche Frageund Antwortspiel des Folk und den Spaß an der jazzigen Improvisation. Das Ergebnis ist nicht nurerfreulich.es ist eine echte Sensation. Frei von Bluesrock, frei von den zentnerschweren Riffs, mit denen die Melodien bei JethroTull allzuoft plattgewalzt werden, entfalten sich hier vergnügte Harmonien, komplex arrangiert und mit Mut zum arabesken Schnörkel – Folk wohlgemerkt, nicht bräsige Folklore, mit der etwa die Dubliners ihr Guinness verdienen. Selbst seine Stimme weiß Anderson im Rahmen ihrer doch sehr gesunkenen Möglichkeiten charmant und ausdrucksvoll einzusetzen. Instrumentelle Virtuosität versteht sich von selbst – kein JethroTull-Album der letzten zehn, 20 Jahre aber hat das pure Können derart konsequent dem Song untergeordnet, selten wurde so unbefangen aufgespielt wie in „The Little Flower Girl“ oder dem lyrisch dahingleitenden „Sanctuary“. Wir wissen nicht, welcher Teufel ihn hier geritten hat – aber er muss lan Anderson daran erinnert haben, dass er ein Meister ist. Was, an gängigen Maßstäben gemessen, auch dem Tull-Verächter empfohlen werden kann, dürfte für Freunde der Band nichts anderes sein als eine Sensation, eine echte.

Gebührenpflichtige Hörprobe unter 0190-25 52 jo SO (s. ME/S-Hotline S. 49)