Interpol -Turn On The Bright Lights :: Schwarze Löcher

Wenn man es nicht besser wüsste, würde man hinter diesem Debütalbum eine Ansammlung von Demos und Outtakes solcher Underground-Helden wie den Chameleons, den Europeans oder Opposition vermuten: dieselbe druckvolle, morbide Schwarzmalerei, die sphärischmarkanten Gitarrenriffs und der manisch intensive Nasalgesang. Merkmale, die ganz klar aus den frühen achtziger Jahren stammen, genau wie der lyrische Zynismus: Das Leben ist scheiße, aber was soll’s? Interpol sind ein schwarzes Loch, der Gang in die völlige Leere, das alles verschlingende Nichts, das dich systematisch anzieht, umschließt und absorbiert. Wobei die vier New Yorker nicht nur eine Stimmung und eine Spielweise beherrschen. Sie können – wie zum Beispiel in „Obstacle 1“ – auch richtig aggressiv, frontal und rockig klingen. Dann erinnern sie an Post-Punk Bands wie Joy Division, Teardrop Explodes oder Echo & The Bunnymen. Im nächsten Moment, wenn es so pathetisch und bombastisch wie in „NYC“ wird, haben sie wieder etwas vom sakralen Charme der Madchester-Ikonen James. Eben einen unglaublich dichten und plättenden Breitwandsound, der nicht nur cineastische Qualitäten aufweist, sondern auch wie ein Aphrodisiakum wirkt. Und sei es nur, weil er alles andere verdrängt, übertüncht und retuschiert. TURN ON THE BRIGHT LIGHTS ist eine musikalische Droge, die nur gegen Rezept oder Personalausweis ausgehändigt werden sollte. Weil sie unmündige Geister auf etwas Gefährliches und Revolutionäres verweisen könnte: Es gibt coole, hippe Rockmusik jenseits der Strokes, White Stripes und Yeah, Yeah, Yeahs. Zum Beispiel von respektlosen Youngstern, die The Smiths zwar wie Götter verehren, aber auch ungeniert sezieren – so wie es Interpol im temporeichen „Hands Away“ tun. Carlos D, Daniel Kessler, Paul Banks und Samuel Fogarino sind die Namen, die man sich merken sollte. Sie bilden die nächste Supergroup des 21. Jahrhunderts – ganz ohne Hype, ohne Major-Label und ohne reißerische Rezensionen wie diese. Wetten dass?

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