Jack Johnson – Sleep through the static
Da haben sich die Kollegen vom amerikanischen „Rolling Stone“ ein bisschen vergaloppiert: In einem reißerischen Studiobericht hieß es, Jack Johnson würde sich aufsei nem neuen Album von der akustischen Gitarre verabschieden und stattdessen die elektrische hervorholen, um es so richtig krachen zu lassen. Eine Fehleinschätzung: Der Löwenanteil der 14 Stücke ist wieder gefühlvoller, leiser und verträumter Folk-Pop, wie ihn der Mann, der eigentlich Julius Smithenholder heißt, bereits seit Ende der 90er zelebriert- und damit nie geahnte Erfolge feiert. Fast so, als hätte die Menschheit genug vom lauten,dreckigen Rock’n’Roll. Als brauchte sie mehr Wärme, Harmonie und Geborgenheit. Ganz zu schweigen von immer neuen Liebesliedern. in denen der zweifache Familienvater das genetische Wunderwerk Frau besingt. So auch auf diesem Epos, das er einmal mehr selbst produziert und fast im Alleingang eingespielt hat. Da thematisiert er in „Angel“, „Same Girl“ und „Adrift“ die Freuden der Partnerschaft, der Monogamie und des Wunschlos-glücklich-Seins. Was ihm auch in Zukunft einen fast 75-prozentigen weiblichen Zuhöreranteil garantieren dürfte. Johnson, der Frauenversteher, der nette Melodien zur akustischen Gitarre anstimmt und für allgemeine Kuschellaune sorgt. Dabei kann der braungebrannte Ex-Profi-Surfer auch ganz anders. Etwa wenn er im Titelstück die Kriege in Afghanistan und im Irak in Frage stellt („We are beyond where we should have gone“), die Politik der latenten Angst kritisiert („Hope“), jedwede Form von Gewalt verurteilt („Enemy“) und die gesamten Prioritäten unseres konsumorientierten, rastlosen und extrem ungesunden Lebensstils hinterfragt („They Do The Don’t“). Da wird der sonst so sanfte, harmonische Barde zum großen Weltverbesserer, der -welch Schreck-tatsächlich zur E-Gitarre greift. Allerdings nicht, um sie bis zum Anschlag aufzudrehen und sich an Rückkoppelungen samt infernalem Krach zu vergehen, sondern um weiterhin ganz relaxt zur Wurlitzer-Orgel, Klavier und Klarinette zu jammen. Was nicht die schlechteste Entscheidung ist. Alles andere wäre dann doch ein bisschen merkwürdig. VÖ: 1.2.
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