Jagwar Ma

Marathon Artist/PIAS/Rough Trade

Das australische Duo setzt die Madchester-Rave-o-lution zurück auf die Tagesordnung.

Womöglich geht das Eighties-Revival ja nun doch endlich zu Ende. Ein Zeichen könnte es jedenfalls sein, wenn junge Musiker aus Sydney sich ausgerechnet vorgenommen haben, das gute alte Madchester wiederzubeleben. Als The Stone Roses und Happy Mondays in Manchester ihren Britpop von Andy Weatherall und Paul Oakenfold für den Club fit mixen ließen, wurde nicht nur Rock zu Rave und der Smiley zum T-Shirt-Motiv, sondern auch die Brücke zwischen den späten Achtzigern zu den frühen Neunzigern geschlagen. Punk und New Wave waren vorbei, die „Love Parade“ stand vor der Tür. Genau diesen mittlerweile historischen Zeitpunkt suchen Jagwar Ma mit ihrem Debütalbum Howlin auf. Jono Ma und Gabriel Winterfield stauben die Artefakte ab und polieren sie zu neuem Hochglanz. Einfach und effektiv, aber immer elegant sind ihre Beat-Loops, die sich – mit der richtigen Dosis Ecstasy im Kopf – stundenlang im Kreis drehen könnten. Darüber erscheinen geisterhafte Funk-Gitarren, um, frisch betankt mit viel Hall, wieder in der Weite des Weltalls zu verschwinden. Winterfield singt dazu mit einer Stimme, die sich gerade vom Chillout-Sofa zu erheben scheint, um entspannt schnippend auf die Tanzfläche zu schreiten.

Doch der Reiz des frühen Rave bestand auch darin, dass die Überwindung des damals antagonistisch scheinenden Widerspruchs zwischen Indie-Pop und Dance-Kultur nicht immer sanft vonstatten ging. Mancher klassische Track klingt, wenn man ihn heute hört, arg ungelenk, als würden sich die Genres, die da zusammenfanden, noch ein wenig kabbeln. Bei Jagwar Ma dagegen wirkt die Verschmelzung – vor allem in Stücken wie „The Throw“ und „Man I Need“ – jederzeit wie eine glückliche Symbiose, aber es gelingt ihnen, die naive Aufbruchsstimmung jener Zeit, die unverstellte Freude an der Neuentdeckung in ihre geschmeidig rollenden Tracks herüberzuretten.

Doch die Rave-o-lution aus dem Museum zurück in die Moderne zu holen, damit allein halten sich Jagwar Ma nicht auf. „Four“ ist ein gitarreloser, aber dafür prima pumpender Dance-Track mit grandios geschichteten Vocal-Samples. „Come Save Me“ klingt mit seiner kalifornischen Leichtigkeit und den Harmoniegesängen dagegen wie eine Aktualisierung der Beach Boys. Das letzte Stück, „Backwards Berlin“, kommt dann im Hier und Jetzt an: Aus träge klimpernden Gitarren, konzentrierten Midtempo-Beats, verträumten Synthie-Klängen und schläfriger Stimme entsteht genau die Stimmung, die das Image der Hauptstadt zwischen Mauerpark und Berghain, Neo-Hippie-Kultur und Minimal Techno bestimmt. Dass dieses Heute sehr an die frühen Neunziger in Manchester erinnert, das ist nicht die Schuld von Jagwar Ma.