Japandroids

Near To The Wild Heart Of Life

Anti/Cargo

Lebensbejahende Landstreicher-Lyrik, unterlegt mit einer Mischung aus Heartland-Rock und gedrosseltem Punkrock.

Mehr als 18 Monate unterwegs, mehr als 200 Konzerte – das war das Ausmaß der triumphalen letzten Japandroids-Tour. Ihr damals aktuelles Album hieß CELEBRATION ROCK (2012) und war ein beständig nach vorne peitschendes Biest, ein halbstündiger Rausch, von dem die Leute nicht nüchtern werden wollten. Irgendwann mussten Brian King (Gesang, Gitarre) und David Prowse (Gesang, Schlagzeug) eine Atempause einlegen. Fast drei Jahre blieb ihre Homepage inaktiv, drei Jahre zeigte sich die Band nicht öffentlich, keine Shows, keine Interviews. Da war was los in der Gerüchteküche. Erst nachdem diese lange Weile verstrichen war, konnten sie sich wieder aufeinander einlassen.

Der Nachfolger entstand in gemächlich getakteten Songschreib-Sessions in ihrer alten Heimat Vancouver, in Toronto, New Orleans und Mexiko-Stadt (wo King mittlerweile wohnt), und spiegelt die nomadenhafte Arbeitsweise der Band, aber auch ihren Wunsch nach Differenzierung wider. Auf CELEBRATION rock preschten die Songs aus den Startlöchern, gepusht von Kings Hall-beladenen, brockenartigen Riffs und Refrains, bei denen man eine Bierdusche nehmen und die Welt umarmen wollte.

NEAR TO THE WILD HEART OF LIFE fährt mit gedrosseltem Tempo den Highway runter: Kalifornien, NYC, New Orleans, immer wieder in fremden Betten aufwachen und so viel Whiskey und Mezcal trinken, dass die Mosquitos, die einen aussaugen, komatös besoffen werden. Brian Kings Texte erinnern immer mehr an einen jungen Craig Finn (The Hold Steady), der die „On The Road“-Romantik mit Amphetamin-Katern vermengte und so ganze fiktive Universen schuf.

So weit gehen Japandroids nicht: Sie zitieren sich selbst („No Known Drink Or Drug“ hat dieselben Akkorde wie ihr bislang bester Song „The House That Heaven Built“) und ihre Helden (die Coda im Siebenminüter „Arc Of Bar“ ist dreist von „Sympathy For The Devil“ stibitzt) und setzen neben in ihrem Œuvre bisher ungehörten Elementen wie Keyboards und weiblichen Hintergrundgesang auch auf „Woah-Oh“-Chöre und Gang Vocals. Manchmal springt der Funke über, wie im hervorragenden, im besten Sinne an Tom Petty erinnernden „North East South West“, manchmal wähnt man sich eher am Kaminfeuer als am wilden Herzen des Lebens. Aber dort soll es ja auch sehr schön sein.