Joan Armatrading – London, Hammersmith Odeon :: London, Hammersmith Odeon
Alles ist schwarz an dieser Frau: die Haare, der Teint, die Klamotten, die Schuhe – und die Stimme, die Stimme erst recht. Auch die Band trägt Schwarz – ohne Ausnahme. „Ich glaube, wir durchlaufen zur Zeit eine schwarze Phase“, frotzelt Joan Armatrading und bringt unverhofft Licht ins Dunkel, indem sie ihr Honigkuchen-Lächeln über beide Backen ausbreitet. Doch darauf beschränkt sich denn auch schon die Schwarzweiß-Malerei der 39jährigen Sängerin, denn auf der Bühne des Hammersmith Odeon ist Facettenreichtum und ständige Abwechslung angesagt. Schließlich kann Joan Armatrading aus einem äußerst reichhaltigen Repertoire von mehr als 140 Songs schöpfen.
Routiniert ihr Auftritt: Sehr selbstbewußt und gemessenen Schrittes betritt sie die Bühne, richtet ihren festen Blick wie ein Spotlight ins Publikum und fuhrt damit die in letzter Zeit immer wieder bemühten Vergleiche mit der schüchternen Tracy Chapman schnell ad absurdum. Als Einstieg genügt ihr eine sehr behutsame Interpretation von „All The Way From America“, erst dann folgt das fröhliche „I’m Lucky“, dessen druckvolle Synthesizer-Fanfare sich nach wie vor gut als Anmacher eignet. Danach der erste Griff zur Gitarre – und sie spielt „Free“, den ersten Song vom neuen Album HEARTS AND FLOWERS, bei dem ihr Gesang in den höheren Lagen allerdings einige Schwachstellen offenbart. Dafür ist die Band nach zwölf Gigs ordentlich eingespielt und überzeugt durch einen sehr kompakten, schlüssigen Sound.
Statt den Saal nach den ersten zehn Minuten mit einigen schnelleren Nummern aufzutauen, bringt Joan zunächst lieber ein Set mit drei Reggae-Songs
sowie eine sehr atmosphärische Version von „The Shouting Stage“, die weitaus freier arrangiert ist als auf der gleichnamigen Platte. Gut zur Geltung kommt dabei die zwar schlichte, aber dennoch sehr effektvolle und ideenreiche Light-Show, als deren Grundsäulen vier mit Leinen bespannte Diagonalen fungieren, auf denen sich ein Spektrum zumeist kühler Farben in immer neuen, überraschenden Variationen tummelt. Trotzdem sitzen die Fans wie Blei in den Stühlen: Andächtiges Lauschen statt emotionsgeladener Aktion ist angesagt, ehe Joan nach einer Reihe neuerer Stücke mit einem schneidend scharfen Gitarrensolo in „The Devil I Know“ endlich etwas mehr Elan in die Show bringt und selbst hartgesottenen Zuhörern eine Extraportion Leben einhaucht. Natürlich darf „Love And Affection“ nicht fehlen, ebenso wie der live seit Jahren erfolgreiche Doppeldecker „Kissin‘ And A Huggin’/Show Some Emotion“, der noch nie so funky und mitreißend klang.
Und zum Schluß sangen alle mit. Wie immer. Beim Wiegenlied von der Weide, bei „Willow“. Eine Stimmung wie im Advent.
Mehr News und Stories