Joe Strummer – Lets Rock Again
Irgendwann in dieser Dokumentation wird Joe Strummer mal gefragt, ob er lieber Türsteher oder Müllmann geworden wäre. Selbstverständlich: Müllmann, weil man da auf einem Lastwagen durch die Stadt rumpelt und ein bisschen herumkommt. Man hätte ihn auch fragen können, ob er lieber ein Held oder ein Depp geworden wäre, den Mann, den wir vor vielen Jahren, in seiner schlimmen Zeit „Hoty Joe“ nannten, weil der Weltverbesserungssenf, den er von sich gab, fast campinoartige Ausmaße annahm und die damals aktuelle Platte (die in einem grotesken Fall von Etikettenschwindel den Namen „The Clash“ trug) der letzte Mist war. Joe hätte sich wahrscheinlich frohgemut für den Deppen entschieden, weil er wusste, dass er nicht mehr ist als ein Mensch, der fürchterliche Fehler macht, wenn es ihm schlecht geht und man ihn nicht hindert. Später, nach endlosem Aussitzen musikindustrieller Hinderungen, durfte er wieder sein, was er war, eben: ein Müllmann, der mit den Leuten auf der Straße herumsitzt
DVDs und Witze und Weisheiten erzählt, der (was weniger an Glück als an seinem untrüglichen Gespür und seiner, sorry: reinen Seele lag) ein zweites Mal eine der besten Bands der Welt um sich sammelte, in aller Welt seine Lieder sang und nie vergaß, für wen er das tat: Man sieht ihn hier immer wieder, auch mal bis spät nachts, mit Fans plaudern und Autogramme geben. „I’v eat ways got a story to tell em“. lautet sein lapidarer Kommentar. „You can I realty hurry it atong, can you?“ Das Leben kann das: Kurz nach Entstehung von Dick Rüdes Film, der hauptsächlich Joe und die Mescaleros auf ihrer letzten Tournee zeigt, war er plötzlich tot. Und so sehen wir ihn heute: nicht als elvisuelle Heldenlegende, nicht als Depp oder Heiligen – er wolle nicht als Experte für irgendwas dargestellt werden, sagt er auch mal, weil er von nichts wirklich was verstehe, weil niemand Experte für irgendwas sei. Ärzte vielleicht ausgenommen -, sondern als kleinen Mann, der seine Lieder singt, seine Geschichten erzählt und mit sich selbst im Reinen ist. Das hätte er ruhig noch 30 Jahre länger sein und tun dürfen. Andererseits hat er ein überreiches Vermächtnis hinterlassen, das noch in 100 Jahren lebendig bleiben wird; und wenn dieser unspektakuläre Film mit seinem idiotischen Titel nur das wäre: ein Bullshit-Detector, der in Sekundenschnelle den Unterschied zwischen guter und schlechter Musik, guten und schlechten Geschichten, echtem Leben und entfremdetem Konsummüll klarmacht, dann wäre auch das schon genug.
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