Auch ein knappes Vierteljahrhundert nach dem Tod des .Last Of The Hipmen“ gilt Coltranes unverkennbarer Saxophonsound als ultrahip. Folglich haben Tenor- und Sopransax Coltranes Konjunktur in der Szene der sampelnden Zweitverwerter.

Da ist es beruhigend zu wissen, daß der Zugang zum Original auch jenen nicht verbaut ist, die statt mit ehrwürdigen Funden aus dem Antiquariat lieber mit CDs hantieren — auch wenn der nachträglich digitalisierte Sound eine große Pappschachtel als Aufnahmeort vermuten läßt, mit Klavierklängen aus dem Nachbarkarton.

Unter zehn Impulse-CDs aus Coltranes besten Jahren ab den frühen 60ern sind zum Einstieg besonders geeignet: COLTRANE in der klassischen Quartettbesetzung mit McCoy Tyner (p), Jimmy Garrison (b) und Elvin Jones (d) — vielseitig von der Ballade bis zum modal weiterentwickelten Hardbop. Auch LIVE AT THE VILLAGE VANGUARD knüpft noch deutlich an Blues und Harmoniestrukturen der Jazzstandards an, während drei Jahre später, anno ’64, LIVE AT BIRDLAND (wie auch bei den vielfarbigen IM-PRESSIONS) schon revolutionärer Geist dominiert: rasante Klangkaskaden, chromatisch-modale Auflösung der Akkordbindung.

Als radikaler Improvisator, der meist nur noch ein tonales Zentrum zum Ausgang nimmt für seine emotionale Tour de Force von meditativen Momenten bis zum radikal freien Ausbruch, ist John Coltrane mit OM oder MEDITATIONS für Aufgeschlossene ein charismatisches Ereignis, aber auch heute noch schlicht verstörend für alle, die herkömmliche Melodie- und Rhythmusbrücken zum Coltrane-Jazz brauchen. Letztere mögen mit den zur CD gekoppelten AFRICA BRASS VOLUMES 1 & 2 glücklicher werden: Johns Quartett im Big Band-Kontext. Und für alle, die grundsätzlich auf einer CD mindestens 50 Minuten Musik erwarten, brechen soeben rosige Zeiten an. Beginnend mit den Balladen von THE GENTLE SIDE OF… und vier LIVE IN JAPAN-CDs werden Coltranes Impulse-Einspielungen neu herausgebracht — ergänzt um teils unveröffentlichtes oder bislang nur über Importspezialisten zugängliches Material.