John Coltrane – Live Trane: The European Tours :: All That Jazz: Kult-Jazz

Gleich drei Mal war John Coltrane Anfang der sechziger Jahre auf Stippvisite in Europa. Und obwohl Coltrane zu dieser Zeit bereits heftig und erfolgreich an den Gittern des Jazz gerüttelt hatte, brauchte er für die Auslandsreisen damals noch den Jazz-Mentor Norman Granz und dessen Konzertreihe „Jazz AtThe Philharmonie“. Mit seinem Kult-Quintett feat. McCoy Tyner, Elvin Jones und Eric Dolphy zeigte Coltrane dann 1961 und 1963 den staunenden Auditorien von Paris bis Berlin, was die Stunde geschlagen hatte. Zu seinem 75. Geburtstag, den der Saxofonist am 23. September hätte begehen können, stopfen gleich sieben CDs die riesigen Trane-Löcher, untergebracht in der Schatztruhe Live Trane: The European Tours, zu der Carlos Santana einen niederknieenden Essay beisteuerte. Und bei der mit ihren 37 größtenteils unveröffentlichten Tracks deutlich wird, warum ein Jazz-Reaktionär wie Wynton Marsalis geradezu Angst vor Gottvater Trane hat. Denn selbst in Klassikern wie „Bye Bye Blackbird“ dehnt Coltrane die Black Music in alle Richtungen aus, kündigen sich jene hypnotischen Klangfarben lautstark an, die er in den Meilensteinen „My Favorite Things“ und „Impressions“ großflächig explodieren ließ. Coltrane veranstaltet einen bis in die letzte Pore heißen Tanz auf dem Jazz-Vulkan, bei dem die freiheitliche Harmonie-Unordnung endgültig wachgeküßt wurde. Und davon hat sich die Jazz-Welt auch anno 2001 noch nicht erholt. Zum Glück.