John Scofield – That’s What I Say
Man muß nicht gleich mit wildgewordenen Harmonien auf Ohrwürmern rumtrampeln, um aus ihnen neuen Saft zu pressen. Aber was John Scofield jetzt mit seiner Hommage an Ray Charles veranstaltet, haben die sich längst ins Langzeitgedächtnis eingebrannten Hits von „Unchain My Heart“ bis „Hit The Road Jack“ nun wirklich nicht verdient. Nicht, daß Scofield sich in der Auswahl der Musiker einen Fehlgriff geleistet hätte. Mit Bassist Willie Weeks, auf den ansonsten Aretha Franklin und Stevie Wonder stehen, und dem Harnmondorgel-Groover Larry Goldings hat Scofield durchaus tragfähige Mitstreiter engagiert, um sich durch Pop, Gospel, Soul und Funk zu zappen. Doch ausgerechnet Scofield, der ansonsten mit seinem markant federnden Single-Note-Spiel den Gitarrenjazz in unbekannte Vibrationen gebracht hal. zeigt sich diesmal erstaunlich hüftsteif im Geiste und routiniert in der Fingerarbeit. Bis auf „Sticks And Stones“, in dem er immerhin einen spacig-wabernden Rock-Jazz a la Medeski, Martin & Wood anstachelt, buchstabiert er jede Ray-Charles-Melodie mit einer verkrampften Ehrerbietung nach, daß man sich schnell nach den Originalen sehnt. Wenigstens hat Scofield höchstselbst einige Rettungsanker ausgeworfen, damit Ray Charles sich angesichts dieser Mainstream-Kost nicht im Grabe umdreht. Wenn Mavis Staples ihr tiefschwarz getränktes Organ ausfährt, wird aus „I Can’t Stop Loving You“ eine herzergreifende Balladen-Prozession. Und bei der Mehr-Oktaven-Wunderstimme von Aaron Neville in „You Don’t Know Me“ fließt durch die Blutbahnen dieser Kuschel-Hymne reinster Nektar. Schade eben nur. daß Scofield auch solche Glücksmomente nicht einfach mal still genießen konnte.
>>>www.johnscofield.com
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