Junior Boys
So This Is Goodbye
Domino/Rough Trade
Post-Dance trifft sticken 8oer-Pop. Auf Album Nummer 2 machen die Junior Boys ernst und verheben sich.
Die Junior Boys meinen es ernst, verdammt ernst. Bei den beiden Männern aus Hamilton, Ontario, werden nicht einfach nur Beats gebaut und säuselig darüber gesungen. Tatsächlich ist der musikalische Ansatz der beiden einer tiefen Enttäuschung über die Dancekultur der letzten Jahre geschuldet. Und Recht haben sie: Als Anfang des Jahrtausends 2Step durch die Clubs fegte, sah es aus, als sei das Erbe der alten Tante House nicht vollkommen in die Hände stumpfer Deppen geraten. Doch bald schon waren grimmige Grime-Gesellen am Ruder, und der Traum war ausgetanzt. Schon mit ihrem Debüt hielten die Junior Boys vor zwei Jahren dagegen: Zu stotternden Beats riefen sie lautstark „Pop!“ und legten eine Platte hin, die weltweit für Hysterie in den Urban-Departments der Musikzeitschriften sorgte. Talk Talk und Scritti Politti trafen auf R’n’B, New Waviges wurde durch dubbige Echo-Kammern geschossen, und Timberland lutschte am Electro-Lollipop. Auf so THIS is goodbye gehen die beiden noch weiter. Die Club-Lampe wurde ausgeknipst, die Junior Boys sitzen im offenen Cabrio und fahren aufs Land. Die stotterigen Rappel-Beats sind völlig verschwunden, bei den Junior Boys bricht die Ära des Pop-Klassizismus an. Soll heißen: Zu den geradesten, simpelsten Post-House-Beats, die man sich vorstellen kann, soll hier der Popentwurf der 80er fortgeschrieben werden. Der wehmütige, kristallklare Gesang lässt an Prefab Sprout und die Associates denken; im letzten Stück“.FM“ klingen die Junior Boys tatsächlich wie Paddy McAloon im Datapop-Wahn. Teilweise geht die Rechnung auf: „In The Morning“, die gemeinsam mit Marsmaus Andi Toma produzierte Single, ist tatsächlich ein kleiner Hit, der einem warm um die Ohren pluckert, und auch sonst gibt es allerhand Atmosphäre, federleichte Stimmen und Vintage-Keyboard-Sounds. Zu einem großen Pop-Album fehlt es der Platte aber leideran einer wesentlichen Zutat: Songs. Griffige, wiedererkennbare Songs. Das Hauptmanko vieler Elektropop-Platten. Zu olt bleiben die Stücke irgendwelchen diffusen Nachtstimmungen verhaftet und kommen nirgendwo an. Vielleicht ist die Platte ja genau dafür perfekt: zum ziellosen nächtlichen Herumfahren im Auto. Was ja oft besser ist, als im muffigen Club zu landen. VÖ: 9.9.
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