Kate Bush :: The Dreaming
Lange haben wir gewartet, lange hat Kate Bush an ihrem neuen Album THE DREAMING gearbeitet, die Perfektionistin, die Besessene. Verständlicherweise entstand ein schwer zugängliches, mystisches Album voller Rätsel. Bei anderen Künstlern hätte so ein „Egotrip“ ins Auge gehen können – nicht so bei Kate Bush, die die rare Kombination von Distanz und Leidenschaft besitzt, die erlebt und zugleich beobachtet. Eher unauffällig zieht sie uns in einen faszinierenden Sog der Gefühle, der Ängste, der Ahnungen. Und wenn auch ihre Geschichten ein Spiegelbild ihrer Kaleidoskop-Phantasien sind, bleiben die einzelnen Worte ohne Bedeutung, lösen sich auf in Klang und Stimmen. Stimmen, so viele verschiedene Stimmen! Flüstern, Schreien, Kreischen, Hauchen, Seufzen – sie sind ineinander verwoben und schicksalshaft verbunden wie in einer hochdramatischen Traumsequenz.
Auffallend auch die „anderen Stimmen“ – spirituelle Dialoge übers Telefon und aus dem Jenseits. Eine Methode, die auch Nina Hagen auf NUN-SEXMONKROCK angewendet hat, wird von Kate Bush wesentlich ästhetischer und differenzierter gebraucht. Ihr Arrangements sind verschlungene Muster – zu farbenfrohen und dennoch gedämpften Gobelins zusammengesetzt.
„Sat In Your Lab“, die letzte Single, übermütig und laut wie kein anderes Stück auf dieser LP. „There Goes A Tenner“: altmodisch, albern, kindlich. „Pull Out The Pin“ – diese eigenartige Verarbeitung einer Fernsehdokumentation über den Vietnamkrieg: mystisch, irreal, ebenso der unwirkliche Walzer „Suspended In Gaffa“.
Seite 2 beginnt mit der neuen Single „The Dreaming“, ein 100%iges Stück. Intensive Ethnik-Hektronik, die nichts mit der augenblicklichen Modewelle gemeinsam hat (was für das gesamte Album gilt).
Zu einem dumpfen Sklaventreiber-Rhythmus verdichten sich Urängste in Urwald, Voodoozauber, Rituale, Verwünschungen, Sehnsüchte. Das Stück ist den Ureinwohnern Australiens gewidmet. Der Alptraum löst sich mit einer beschwingten irischen Fiedel auf – und schon sind wir in „Night Of The Swallow“, dem leichtfüßigen, lyrischen Schäferliedchen. Hexenhaft und zugleich sakaral dann „All The Love“. Seancestimmung, entseeltes Geisterkreischen auf „Houdini“. Ein Traum, ein Alptraum, ein musikalisches Traumspiel fernab der Rock-Klischees. Eine Dimension Sensibilität und Phantasie zuviel? Die Würfel sind gefallen.
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