King Sunny Ade – Juju Music
Wir sollten afrikanischen Pop nicht senil-akademischen Ethnologen überlassen – es ist keine Background-Musik für alternative Buchläden, Teestuben oder Dritte-Weh-Seminare, sondern der Soundtrack für die Clubs. Pop ist in Afrika genauso kommerziell und kosmopolitisch wie irgendwo sonst, nur existiert keine klare Trennung zwischen Tradition und Gegenwart, Gesellschaft und Gegenkultur (die deswegen praktisch fehlt, sieht man mal von Fela Kutis Radikalität ab), Pop, Politik und Religion – Kultur wird im allgemeinen nicht hermetisch in Schubladen segmentiert.
Juju, aus dem Yoroba-Sprachraum im Südwesten Nigerias, ist, neben Highlife und dem neuen Sound aus Zaire, der Beat – und Sunny Ade gehört zusammen mit I.K. Dairo und Ebenezer Obey zu den wichtigsten und produktivsten Juju-Exponenten. Er hat angeblich über 40 LP’s eingespielt, ich kenne ein gutes Dutzend (Nigeria-Importe kosten bis zu 35,-DM), und JUJU MUSIC ist nun sein Debüt für Island, eine Zusammenstellung älterer Hits, in Lome /Togo neu aufgenommen und in London von Dub-Master Godwin Lodgie auf maximale danceability abgemischt. Kompromisse – für alle, die schon wieder kulturimperialistische Praktiken wittern – gibt es keine, außer daß man die Länge von Sunnys Songs, die sich oft über eine ganze Plattenseite dehnen, etwas gekappt hat.
Im Zentrum von Sunnys Beat stehen die Yoroba-talking drums, die oft mit Syn-Drums und Synthesizern korrespondieren, und die Gitarren (die beim Juju die gleiche Rolle spielen wie Blaser beim Highlife) – und was für Gitarren! Mir ist schleierhaft, wie sie gestimmt werden, um einen dermaßen verschrobenen, ja beinahe schon surrealistischen Sound zu formen … kreisende, kratzende, klirrende, kollidierende Gitarren, manchmal spielen alle vier (plus eine Steel-Gitarre!) einmalig synchron zusammen, dann laufen sie auseinander, vermischen sich mit Maracas und Kürbisrasseln zu einem schwelenden Trance-Zustand…
Sunny Ade ist nicht so apologetisch auf moralisch-erzieherische Appelle eingeschworen wie etwa Ebenezer Obey, allerdings kann ich inhaltlich zu IUJU MUSIC nicht allzu viel erzählen, denn, ähem … „E je Nlo Gba Ara Mi“, „Mo Beru Agba“, ,Ma Jaiye Oni“ … Der einzige Titel, den Sunny nicht in Yoroba singt, heißt „365 That’s My Number“, ein Lovesong. JUJU MUSIC ist ein feiner Einstand bei Island – subtile, sensuelle Musik … und es ist höchste Zeit für mehr afrikanischen Pop!
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