Kool & The Gang – Something Special

Mitte der 70er Jahre waren Kool & The Gang meine Lieblingstruppe. Kool und sein Funk-Mob gehörten zusammen mit Fatback, Brass Construction und KC & The Sunshine Band zu den zuverlässigsten Lieferanten für impulsive und auf’s Wesentliche reduzierte Tanzmusik. Boogie auf Teufel komm raus, knüppelharter backbeat, Partystimmung mit lyrics, die selten länger als die Songtitel waren – dazu Fanfaren wie jene, die einst vor Jericho Flurschaden anrichteten.

Nach Coups wie MIDNIGHT MADMESS, FUNKY STUFF und OPEN SESAME war die Karte dann ausgereizt – und mit LADIES N1GHT vollzog sich dann eine drastische Wende. Seitdem verfügt die Gang nämlich mit James Taylor über einen Sänger, der selbst die cremigsten Balladen mit seiner samtweichen Kinderstimme noch einigermaßen über die Runden bringt. Derer hat es auf SOMETHING SPECIAL glücklicherweise bloß zwei, ansonsten taumeln die brothers im endlosen Karnevalsfieber.

SOMETHING SPECIAL zielt denn auch ausnahmslos auf Instinkt und Partytrubel, was Taylor Gelegenheit gibt, seine süffisanten, schamlos narzißtischen Bravour-Arien herauszuschmettern. Und obwohl ihr Sound heute domestizierter ist – die Gang stampft noch immer einen derart schmissigen, stimulierenden und beneidenswert simplen good time-Boogie aus dem Erdboden, als ob das ganze Leben nur aus orgiastischen Paaarties bestünde.

Mit YOURS TRULY hat Jazz-Funkster Tom Browne mal wieder den Vogel in puncto Vielseitigkeit abgeschossen. Es beginnt mit „Fungi Mama/Bebopafunkadisolypso“ (ist tatsächlich von allem etwas dabei), hysterisch, ultrafunky, mit geschraubten Highlife-Wechselgesängen und Höllenspeed. Der trockene, sparsam verzierte Funk von „Bye Gones“ und „Can’t Give It Away“ schließt sich an.

Auf Seite 2 schaltet Browne dann auf Jazz um, seit jeher sein bevorzugtes Metier. Oder auch der Prüfstein für seine solistische Standfestigkeit. Denn abgesehen von den beiden Coltrane-Titeln „Lazy Bird“ und „Naima“ wird das Ganze nun immer seriöser, die Ideen immer weniger, Brownes Trompetensoli immer langer, seine Atemtechnik immer perfekter, etc.

Höchste Zeit für SHOWTIME also, Slaves viertes, rundum geglücktes Album. Slave sind sechs Muslim-Brüder aus Dayton/ Ohio und sie klingen, als wären sie gerade aus Dr. Funkensteins Laboratorium ausgebüchst. Nicht mehr ganz so rüde und ordinär wie bei THE HARDNESS OF THE WORLD, aber immer noch unverkennbar im Kielwasser von Sly Stone/Uncle Jam und Bootsy.

„Smokin“, „Snapshot“ und „Funken Town“ sind die Highlights auf SHOW-TIME: Rollender Baßmoog, hymnisches Schlachtgebrüll, Trillerpfeifen und Dschungel-Percussion, dazwischen Mark Adams explosionsartig aufblitzender Baß – Street Funk, ganz ohne kosmische Pyramiden und andere galaktische Halluzinationen. Lediglich bei den beiden unvermeidlichen Balladen haben Slave gewisse Assimiliations-Schwierigkeiten, was sich bei der Endabrechnung aber nicht weiter tragisch ausnimmt.

Neben den Isleys (seit 25 Jahren die tollsten Tänzer in den geschmacklosesten Monturen) und den Four Tops (die kürzlich in Leckebuschs Kasperletheater genau das in die Waagschale warfen, was ich dort sonst so chronisch vermisse: SEX) zahlen die Whispers zu den wenigen Vocalband-Dinosauriern, deren Reservoir an unerhört treffsicheren Melodien scheinbar nie versiegt. Wenn auch LOVE IS WHERE YOU FIND IT kein zweites „And The Beat Goes On“ enthält, so sind die vier Uptempo-Songs der ersten Seite doch allesamt geglückt. Beim zweiten Teil („Side For Romancin“) hängt der Himmel dann voller Geigen, für meinen Geschmack sind’s allerdings ein paar zuviel. Denn hier verraten die Whispers eine zerstörerische Neigung zu fetten, vollgekleisterten Arrangements.

Kool: 5 Slave: 4 Tom Browne: 3 Whispers: 3