Lee „Scratch“ Perry & ERM

Humanicity

Rubis Management/Broken Silence

Reggae- und Dub-Hoheit Perry begibt sich mit zwei französischen Produzenten in die vierte Dimension.

Legenden sieht man so einiges nach. Dass sie alberne gelbe Perücken tragen, rückwärts über die Straße laufen und mit einem Hammer auf den Boden schlagen, Steine und Kreditkarten sammeln, Signale von außerirdischen Truppen empfangen und die eigene Tochter zur Reinkarnation der Königin von Saba erklären. Die Vita von Lee „Scratch“ Perry wird jedes Jahr um ein paar bizarre Anekdoten reicher. Die Veröffentlichungen des Reggae- und Dub-Innovators konnten da zuletzt nicht mehr ganz mithalten, sie verblassten schnell vor allem vor dem Hintergrund der Wiederveröffentlichungen aus Perrys Voodoo-Echokammern der 70er-Jahre. „I don’t look back“ signalisiert Perry dem Publikum in einem Track auf HUMANICITY, und so ganz muss man ihm das nicht glauben, die Bassline in „4th Dimension“ erinnert doch an den epochalen „Blackboard Jungle Dub“, und für einen Seitenhieb auf Bob Marley schaut er aus der vierten Dimension auf die Blütezeiten zurück: „Reggae didn’t come from Trench Town. Bob Marley lied that’s why Bob Marley died“. Diesmal hat Perry mit dem französischen Produzententeam ERM aufgenommen, das zuvor Adrian Sherwood bei einem Bim-Sherman-Tribute assis­tierte. Sherwood wiederum zählt zu den Leuten, die Perry schon vor Jahren in die nächste Dimension produzierten, mit der Technologie der 80er- und 90er-Jahre. Damit schließt sich ein Kreis, in dem europäische Traditionspfleger das Hohelied auf die extraterrestrische Reggae-Hoheit Perry mit den Beats und Bässen aus dem Reggae-Labor singen. Das reicht bei ERM bis zu einem seltsamen Drum’n’Bass-Reggae-Hybriden und einem Blues-Gitarrenriff. Perry selber brabbelt sich gerne einmal um den Verstand und lässt die Fangemeinde mit einer neuen Standortbestimmung zurück: „Im the number one in the bathroom“.