Liedermacher

Zuerst zwei LPs zur Tournee; beide Interpreten in eigener Sache sind auch live empfehlenswert. Wenn Herman van Veen SIGNALE (Polydor) gibt, dann kommt er ohne grelle Farben und akustische Ausrutezeichen aus. Private und öffentliche Menschenrechtsverletzungen gewinnen aus den Beschreibungen von Innenleben Kontur. Er macht Mut für die Zukunft, läßt die Angst Todkranker verstehen, skizziert ohne Zeigefinger eine TV-süchtige Familie und entlarvt mit einem Moustaki-Lied die hohlen Reichen. Er berichtet mehr von Edith Piaf als manches dicke Buch und schaffte sogar eine moderne Variante des „Heiderösleins“. Zuweilen auf Endreime verzichtend und musikalische Akzente sparsam und höchst effektiv setzend, gelang dem 38jährigen Kunst ohne Künstlichkeit. Stark, weil leise, und zeitlos weil zutiefst human, bleibt van Veen eine Ausnahmeerscheinung. (6)

AUF UND DAVON (Metronome) präsentiert den janusköpfigen Reinhard Fendrich typisch und wesentlich. Da ist der zynische Zeitkritiker gegen das verführende Gift der Sattheit, lügende Staatsmänner (die LP entstand vor dem Aufblühen der Graf Wörner AG) und gierige Karrieregirls, und da ist der nachdenkliche, hochkarätige Balladen-Schreiber, der Liebe nicht mit Triebe verwechselt. Der punktgenauen Sprache, die Bilder entstehen läßt, fügte Christian Kolonovits adäquate, zuweilen rhythmisch modische Arrangements bei. Manchmal kommt auch der Karikaturist in Fendrich durch, der mit zunehmendem Alter durchweg an Ausdrucksqualität der Stimme gewinnt. (5)

„Nur ein bißchen Freude, nur ein bißchen Wehmut“ habe er in den Saal hineingesät, singt Stephan Sulke am Ende von LIEBE GIBT’S IM KINO (Intercord) von der Einsamkeit des Artisten. Natürlich ist der Schweizer nicht unprätentiös, doch er kann perfekt so tun – und damit auch beim sogenannten breiten Publikum ankommen.

Neu sind diesmal Titel mit großem Orchester und Orgelakkorden (!), deren Volumen die Dynamik seiner Stimme weit übersteigen. Neu ist der Wechsel vom Stimme/ Piano- zum Stimme/Gitarren-Duo, neu ist ein witziges Thema (mekkernder Autofahrer auf dem Heimweg), neu auch ein Titel in Schwyzerdütsch. Eine gefällige Produktion mit Unterhaltungswert, die Sulke erneut als Liedermachers Einsteigerdroge für Ersthörer des Genres bestätigt. (3)

Nicht nur ein Karnevalsnachtrag für Kölner, nicht nur für Immis, die fremden Rhein- und Rausländer: De Höhner, folkorientiertes Quintett mit viel Spaß am Humor (allein dieser „Wedderbeschwörungschoral“) und aktuellen Themen wie orientalischem Flohmarkt zuhaus, Parkstrafzettel und einer kölschen Version der Dubliners‘ „Seven Drunken Nights“ auf ihrer LP SCHLAUWI-NER (EMI). (3)

Ebenfalls mit kräftigem Faschingstouch IMMER WIGGER (EMI) der Lokalkonkurrenten De Black Fööss Musikalisch reifer, zuweilen R’n’Rolling wie die Spider Murphys, Themen ä la „Köln ist das Größte“ und, endlich andere nach Degenhardt, ein anti-nostalgisches Lied über die Edelweißpiraten, die jugendlichen Widerstandskämpfer im 3. Reich. (4)