M. Ward – Post-War

Früher kam das öfters vor: In Ermangelung optimaler unterhaltungselektronischer Geräte musste man seine Lieblingsmusik häufig auf unzureichendem Behelfsequipment hören. Auf eiernden Kassettendecks, auf Plattenspielern mit nur einer Box oder auch einfach nur schlecht überspielt. Es war egal. Die Musik des in Portland, Oregon, ansässigen M. Ward klingt immer ein bisschen so, als sei irgendetwas nicht ganz in Ordnung, als müsse man mal an irgendeinem Kabel rütteln. Wards Platten sind nicht im engeren Sinne LoFi produziert, hören sich aber immer an, als habe man ein Americana-Album irgendeines Howe-Gelb-Spießgesellen auf eine alte Schellack-Platte überspielt. Das Schlagzeug rumpelt pappig, die Stimme klingt wie mit Wäscheklammer auf der Nase in die hohle Hand gesungen, und die Gitarren schrengeln schrill. Der Effekt dieses Prinzips ist einmalig: Die ohnehin sehr traditionelle Musik wird auf diese Weise mit einer bräunlichen Patina überzogen. M. Ward kann sich diesen Traditionalismus locker leisten – denn: Er ist ein Spinner, ein Exzentriker, dem der Eigensinn nur so aus der Anzugweste qualmt. Und ein Ausnahmegitarrist dazu. Ein Indie-Ry-Cooder, der Songs schreiben kann. Für sein fünftes reguläres Album hat der Eigenbrötler nun erstmals eine Band sowie diverse prominente Freunde um sich geschart. Ersteres hört man ein bisschen. Letzteres schadet kaum – die Gastgesänge von Jim James IMy Morning Jacket) und Jenny Lewis sind hübsch, aber nicht zwingend. Der Hauptunterschied zu den bisherigen Platten von Ward ist, dass er diesmal für seine Verhältnisse tüchtig die Rocktrommel rührt – wenngleich natürlich immer, als sei er dabei im Schaukelstuhl längst halb weggenickt. Der Opener „Poison Cup“ ist ein anschwellender Freiform-Popsong mit schlierigem MelLotron und Tuckerrhythmus. „To Go Home“ (ein Daniel Johnston-Cover), „Right In The Head“ und „Chinese Translation“ sind rustikale, windschiefe Folkpopper mit den Ward-üblichen verdrehten Gitarren-Dreingaben, die manchmal Phil Lynott auf Hawaii-Urlaub zu schicken scheinen. Dazwischen gibt es luftdurchpustete Balladen mit zartem E-Piano, anrührende Frontporch-Schunkler, übergeschnappte Singalongs und ein tolles Surf-Instrumental namens „Neptune’s Net“. Toller und runder als alles, was Jeff Tweedy. Evan Dando und Mark Linkous in den letzten Jahren leider nie zusammen aufgenommen haben. Musik wie ein uralter amerikanischer Traum. Eine Platte wie ein lehmverdrecktes Kind, das gerade aus einem Laubhaufen gekrochen kommt.