Maximo Park – A Certain Trigger :: Platte des Monats: Wie Ohrfeigen von den alten Helden

Man sollte sich an der Single „Apply Some Pressure“ bereits einigermaßen satt gehört haben. Sonst überstrahlt dieses so beherzt wirbelnde wie kunstvoll aus einem Dutzend Melodiefaden gesponnene Lied den Rest dieses Albums. Dabei ist „Apply…“ vielleicht nicht einmal das beste Stück … Stop! Hat da einer „vielleicht“ gesagt?! Tschuldigung, wir wollen bestimmt keinen Wertekanon zur neuen britischen Gitarrenrock-Welle schmettern, ABER: „Vielleicht“ gibt’s nicht! Nicht hier und nicht jetzt! Das kannst du morgen wiedersagen, wenn wir böse verkatert und ernsthaft verwirrt mit roten Augen und roten Ohrendurch diekleinteiligen, tüchtig qualmenden Trümmer schlurfen, von dem, was hiervon übrig bleiben wird. Denn so muß das sein, wenn es richtig kracht im Pop und im Rock. Und es kracht gerade ordentlich – im Vereinigten Königreich bereits seit ein paar Monaten in fast jeder live bespielten Telefonzelle und auf erfreulich vielen Tontiägern, die allmählich den Weg über den Kanal zu uns finden. Wenn wir das dann bis hinauf in hiesige Tonträgerveröffentlichungsbestimmungskommissionen vergegenwärtigt haben, können wir uns hilflose Slogans ausdenken und sie auf die tollen Platten pappen, auf daß es auch die kapieren, denen du noch die dicksten Rüben immer erst an Schnur und Stange vor die Nase halten mußt, (etztaber genug gepredigt: Ein feistes, dringliches, allen Vorschußlorbeeren gerecht werdendes Album fordert Lob und Preis! A CERTAIN TRIGGER ist auch ein hervorragendes Beispiel für das, um was es den neuen britischen Bands nicht geht. Sie sind nicht Punk. So wie damals kann das vielleicht auch nie wieder jemand sein-so zweifelsfrei, aufs schlichte, lauteste Nein ausgerichtet. Zweifel, hartnäckig harzklebend, sprechen dagegen und die Punkenkel von heute, die uns nur noch um Teuros anbetteln oder mit Bandkollegen Pressekonferenzen abgeben, auf denen sie konstruktive Kritik an der Regierungspolitik üben. Dafür geben Maximo Park, The Futureheads, The Others, Bloc Party, The Rakes usw. einen bestechenden Eindruck davon, wie es war, als selbst noch viele Monate nach dem „Rock’n’Roll Swindle“ der Pistols aus jedem Zupfer an der Baßseite, jedem Trommelschlag, jedem laut ins Draußen gerufene Wort einer jeden ordentlich progressiven Populärmusikplatte der Punk drang – als also umgehend heilig zu sprechendes Mittel. A certain trigger transportiert diesen Geist fast verschleißfrei in die Mitte unseres Jahrzehnts. Der Gedanke, dieses Quintett hätte sich bei allen handwerklichen Fehlbarkeiten der noch jungen Vergangenheit jemals auf die Seite rumpelrockender Wurstigkeit schlagen können, muß uns zwar lächerlich erscheinen. Die Songs dieses Debüts wurden unter Mithilfe von Produzent Paul Epworth (Futureheads, Bloc Party usw.) bei nüchterner Betrachtung (nein, das tut man eigentlich nicht!) zuweilen fast erschreckend clever arrangiert und mit an Schlaufurzigkeit grenzendem Einfalls- und Abwechslungsreichtum bis zum i-Punkt durchkomponiert.

Auch die Momente, die wie Ohrfeigen auf die Taten alter Helden wie zuvorderst die Stranglers, XTC und Gang Of Four querverweisen, sind mit Chuzpe gesetzt. Maximo Park wissen: Das hier hätte kein anderer genau so tun können, wie sie es tun. Dieses Bewußtsein und der Geist vom Punk – sie wehen durch Paul Smiths Gesang, der zweierlei kann: Aufrecht und bestimmt mächtige Männermelodien durch die Songs tragen und gleichzeitig das Gefühl vermitteln, der Junge hat seine Aufregung vielleicht doch nicht so ganz im Griff. Und es gibt ein Schlagzeug, welches feine Haken schlägt, ohne an Schub zu verlieren. Und es gibt Gitarren, die in ihrem euphorischen und dennoch klar abgesetzten Hin und Her von Riff und Lead drohen zu hyperventilieren. Und ein Keyboardspiel, für das altes Aushilfsproduzenten-Gequassel von „Klangfarbe“ und „Soundbereicherung“ genau das ist: eine Beleidigung.

So, das alles wird hiermit noch mal doppelt unterstrichen, drunter machen wir eine Rechnung auf; und die führt direkt zum Fazit: 13 Songs, ein Dutzend Hits voller praller Dringlichkeit; sprich: Wenn A CERTAIN TRIGGER nicht das franz Ferdinand dieser Saison wird, fresse ich Kapranos‘ linken Halbschuh!… Vielleicht.

VÖ: 16.5.

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