Michelle Shocked – Threesome
Frag nicht den Abendwind, wie schnell die Zeit verrinnt. Denn der Abendwind weifi, weil er ein pfiffiger Geselle ist, zwar jede Menge aber eben auch längst nicht alles. Erinnern wir uns ohne das laue Dämmerungslüftchen, wie sich die Sache seinerzeit verhielt. Es war 1986, als Michelle Shocked, Jahrgang 1962 und Tochter einer Mormonin, aus dem heimischen Texas die Biege machte und nach Amsterdam übersiedelte. Und dort auf einer Wandergitarre und with a little help from a „portable Sony“ eine ziemlich großartige Schallplatte aufnahm. The Texas Campfire tapes war Lagerfeuerromantik mit urbanen Gefühlsbeimischungen, Pfadfindertum und Fähnlein-Fieselschweif-Niedlichkeit fürs eigene Leben. Punk-Attitüde mit sehr schön weiblichen Grundpositionen. Im Rennen war Shocked danach immer, ganz vorne aber nach ihrem Indie-Charts-Topper nie mehr so richtig. Und nun also: drei Alben auf einmal (oder wahlweise alle zusammen in der Box threesome). Don’t Ask Don’t Tell ist die Rock-Variante, hat in seinen allerschönsten Momenten (How You Play The Game) ganz viel davon, wie Patti Smith diese Spielart versteht – und in den schlechten zuviel Saxophon und zuwenig Song. Got No Strings 2 indes, angesiedelt zwischen Blues, Country, Folk und viel zu viel Gefiddel (fürchterlich: „Spectrum“) mag eine interessante Fingerübung für Shocked sein – derweil wir eher geschockt sind und diesen Tontrager an „Brigitte“- und „Freundin „-Leserinnen weiterreichen. Sollen die sich damit funky fühlen. Wir dagegen kümmern uns um mexican Standoff 4 , das beste der drei Alben. Gleichermaßen voller Leidenschaft und voll lässig singt Shocked auf Spanisch, macht mit ihren Stimmbändern nie geahnte Turnübungen, und Americana, Folk, Western und sehnsüchtig schmachtende Mariachi-Trompeten tanzen cool Ringelreihen. Wir hören „Lonely Planet“, und stante pedeistes wieder da. Das Gefühl von 1986: „It’s 5 a.m. in Amsterdam“ – höchste Eisenbahn, dem Rock’n Roll einen Ehrenplatz zu reservieren.
www.michelleshocked.com
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