Mike Watt – Ball-Hog or Tugboat

Das war schon ein nobles Grüppchen handverlesener Musiker, das sich da im vergangenen Herbst in einem Tonstudio in Manhattan zusammenfand: Eddie Vedder, Henry Rollins, Krist Novoselic, Dave Grohl (beide Nirvana) und die Beastie Boys genauso wie Lee Ranaldo und Thurston Moore von Sonic Youth und J. Mascis von Dinosaur Jr.. Sie alle gaben sich die Ehre, an Mike Watts erstem Soloprojekt BALL-HOG OR TUGBOAT mitzuwirken. Eine All-Star-Party mit der Kraft der tausend Herzen, die sich voll Lust und Leidenschaft an die Produktion eines Session-Albums machte. Mike Watt war nie ein Mann, der im Zentrum kultischer Fan-Verehrung stand. Der Bassist, Sänger und Songwriter, ehemaliges Mitglied der US-Bands Minutemen und fIREHOSE, hielt sich immer ein wenig abseits gängiger Strömungen. Seine Art, den Baß in den Mittelpunkt seiner Kompositionen zu stellen, ihn flink und feinfingrig durch aberwitzige Melodiebögen zu jagen, charakterisierte Watt von jeher als individuellen Musiker mit einer ganz eigenen Kraft und Intensität. Daß Watt nun auf BALL-HOG OR TUGBOAT diese Intensität mit einer ganzen Horde namhafter Kollegen teilt, ist logische Folge seiner Abkehr vom Band-Prinzip: Viel hilft viel. Watt selbst beschreibt sein erstes Solo-Werk als „wrestling record“: Erprobte Musiker steigen mit dem Bassisten in den musikalischen Ring; das Ergebnis wird auf Tonband gebannt. Als Basis Auseinandersetzung dienen zumeist Watt-Kompositionen – Baßlinien, so schnell und beweglich wie züngelnde Schlangen. Verfeinert werden die Songs dann durch die persönlichen Duftmarken der Mitstreiter, die sich in wechselnden Besetzungen durch die Stücke pflügen. So wird beispielsweise aus dem Song ‚Sexual Military Dynamics‘ ein kraftvolles Paket wild entschlossener Energieausschüttung: Kein Wunder, wenn man weiß, daß ein gewisser Henry Rollins am Gesangsmikro raunzt und tobt. Der Song ‚Piss-Bottle Man* wiederum besticht – neben der wohlgewählten Titelgebung – vor allem durch die flockige Folk-Leichtigkeit, mit der Lemonhead Evan Dando zu Werke geht. Und so geht das weiter, 17 Stücke lang. Es macht Spaß zuzuhören. Den Charme des Albums macht vor allem sein Session-Charakter aus, der leichte Hauch des gerade Entstehenden, ein wenig Unfertigen. Die Lust am Zusammenspiel wird durch nichts gebremst, Inspiration geht vor Produktion. Bestes Beispiel: Das rasende – im Trio eingespielte – ‚Maggot Brain‘, in dem J. Mascis (Dinosaur Jr.) seine Gitarre minutenlang derart dröhnen und fräsen, sägen und klagen läßt, daß selbst Jimi Hendrix selig unruhiger schlummert und sich der geneigte Konsument an die alten Haudegen von Cream erinnert fühlt. Das Säuglingsgewimmer auf ‚E-Ticket Ride‘ stammt übrigens vom Sonic-Youth-Nachwuchs Coco Moore. Und beim ‚Song for Madonna‘ bleibt die Gesangsspur frei: für Madame persönlich … Veröffentlichungstermin: 27.02.