Mitch Ryder – How I Spent My Vacation

Wieder einmal liegt eine Scheibe vor, an der man sehr schön die des öfteren zu Tage tretende Diskrepanz zwischen Werbung und Wahrheit abhandeln kann. Mitch Ryder heißt unser Künstler in diesem Falle, ein eher unbeschriebenes Blatt in deutschen Landen. Doch hat der Sänger in den Staaten Vergangenheit. Und diese ist beileibe nicht gradlinig und konsequent verlaufen. Als Rocker in Detroit gestartet, über regionale Erfolge in den amerikanischen Rockhimmel aufgestiegen, konnte er der Offerte einer Solokarriere nicht wiederstehen und landete als schmucker Solist ohne Tiefgang in Las Vegas, fand dort wegen seiner Rockvergangenheit wenig Freunde und verlor wegen seines Abgesangs seine alten.

Heute ist er wieder auf dem rechten Wege, hat einige Fans wiedergewonnen, neue überzeugt und setzt nun über das deutsche Label Line Records an zu einem Angriff auf den alten europäischen Markt. Angepriesen wird er als „der weiße Shouter, der sogar einem James Brown die Zähne, besser noch die Stimmbänder zeigen kann.“ Klar bringt man ihn mit Bob Seger in Verbindung (gleiche Herkunft), deutet verhalten, aber unmißverständlich an, daß auch dieser Angst bekommen sollte ob dieser Konkurrenz. Soweit die Werbung. Kommen wir zur Wahrheit (wie ich sie höre): ganz so kompromißlos, wie uns der Rocker verkauft wird, ist er nun auch nicht. Vier Nummern (Tough Kid“, „Dance Ourselves to Death‘, ‚Nice’n Easy‘, ‚Falling Forming‘) erfüllen diesen Anspruch, also gut die Hälfte. Die anderen präsentieren sich als vergospelt mit funky-Touch (Cherry Poppin‘), sehr ruhig (‚Freezin in Hell‘), verhalten jazzig (‚The Jon‘), kitschig (‚Passions Wheel‘) oder nichtssagend (‚Poster‘). Also: so ganz klappt das nicht mit dem angesagten Angriff auf Bob Seger. Dafür hat die Stimme nicht den richtigen Biß. Außerdem müßte dafür auch noch der letzte Hauch Las Vegas (vor allem in ‚Posters‘) ausgenutzt werden. 3 (für die Rocknummern)