Morgenrot – Ganz Nah Dran

Zwei deutsche Bands bei gleicher Firma mit unterschiedlicher Auffassung: Hier die Traditionalisten Franz K. aus Wüten an der Ruhr, da die neuer klingenden Morgenrot aus Berlin – was wertfrei gemeint ist. Das Trio Frank K. zählt in Neudeutsch zu den hard working bands, spielt bekanntermaßen durchweg anspruchsvolleren, sehr ehrlichen Heavv Metal und versucht aus eher ‚proletarischer‘ Sicht textlich Anstöße zu geben. Wie Morgenrot übrigens in Deutsch, klar. Was mir leid tut: Jede hergelaufene Band angloamerikanischen Ursprungs bekommt vorab schon mal einen Bonus aufgrund ihrer Herkunft, obgleich Bands wie Frank K. jederzeit solche wie Iron Maiden schlagen nicht zuletzt, weil man alle Texte versteht. Das heißt zwar nicht, daß Frank K.“s Texte allzeit bemerkenswert sind; im Gegenteil: „Mode kann mehr als Mode sein, sie ist der erste Schritt, um sich zu befrei’n“. Is nich wahr… Aber mit Songs wie „Ap inne Disco“ oder „Der erste Krach in deinem Leben“ schaffen Frank K. musikalisch wie textlich eine Einheit, zwar keine Botschaft – zum Glück -, aber man kann was davon haben… vor allem aber überzeugt mich Frank K.’s Offenheit und Ehrlichkeit, ohne Firlefanz und Kirmes.

Bei Morgenrot liegt die Sache anders, weil das Quintett aus Berlin-Kreuzberg vor einigen Monaten den Deutschen Schallplattenpreis verliehen bekam – also müssen sie gut sein. Von der Kulturmafia akzeptiert, wenngleich von Berlins Szene teilweise verdammt, weil die Band einen Vertrag bei CBS unterschrieben hat. Die Kleinkariertheit einer selbsternannten Szene… Morgenrot zu hören macht zunächst mal immensen Spaß. Textlich bewegt man sich in meist treffenden, selten verwaschenen Abziehbildern, Sprengsein. Anrissen, die eigenes Weiterdenken durchaus ermöglichen. Gelegentlich gelingen der Band gar Wortspiele, die im Deutschen ja keineswegs leicht sind: „Der kernige Strom bringt dich nach ohm“ oder „…einen alten Doppeldecker mit ’nem Sound wie’n Wecker“. Hübsche Spielchen, die Sprache in den Kontext zur Musik bringen. Und die klingt keineswegs brandneu, aber für hiesige Verhältnisse sehr frisch, vor allem wegen der extrem beweglichen Tasteninstrumente. Die guten bis glänzenden Melodieeinfälle bringen eine Menge. Angesichts der Tatsache, daß dies schon Morgenrots Zweitling ist, besteht für die Zukunft weiter Hoffnung…