Nils Lofgren – I Came To Dance

Die ersten beiden Solo-Alben des früheren Neil Young-Begleiters Nils Lofgren wirkten schlicht, ja beinahe schon puristisch und ließen die Riffs, Melodielinien und Improvisationen dieses wirklich genialen Gitarristen deutlich heraustreten. „I Came To Dance“ ist dagegen aus anderem Holz geschnitzt: Lofgren hat seine eingängigen Songs mit farbigen und stellenweise sogar üppigen Arrangements angereichert, hat Bläser, Streicher und ein Dutzend Background-Sänger und -Sängerinnen eingesetzt. Gleichwohl spürt man, das hier ein Könner an der Arbeit war: Die Vielfalt stört nicht, sondern bereichert; sie greift die Stimmung der einzelnen Titel auf und verstärkt sie in einem ökonomisch vertretbaren Rahmen. Die Faszination der Songs, der Stimme und des Gitarrenspiels von Nils Lofgren geht jedenfalls nicht verloren.

Erst wenn man die Platte häufiger hört, dringen die energiegeladenen Improvisationen, die der 23-jährige Amerikaner unablässig in seine Stücke einstreut, voll ins Bewußtsein. Für den Zuhörer nutzt sich „I Came To Dance“ also nicht ab, sondern wird mit der Zeit noch attraktiver – ein Kompliment, das man heutzutage nur sehr wenigen Produktionen machen kann. Lofgrens Stimme hat ebenfalls ihre Geheimnisse: Anfangs wirkt sie ausgesprochen warm und weich, und erst später entdeckt man den gehörigen Schuß Rauhheit und all die „schmutzigen“ Nuancen, die einen Rocksänger groß machen.

Lofgrens Band auf dieser Platte setzt sich zusammen aus seinem Bruder Tom Lofgren (Rhythmusgitarre), den farbigen Musikern Patrick Henderson (Piano) und Wornell Jones (Baß), sowie dem Drummer Andy Newmark. Hinzu kommen noch eine ganze Reihe Sessionmusiker. Die Amerikaner halten „1 Came To Dance“ offenbar für eine sehr kommerzielle Platte; bei den Radiostationen ist sie bereits bestens angekommen, und es sieht so aus, als könne Lofgren diesmal den längst fälligen Sprung vom Insider-Idol zum Publikumsliebling schaffen.